DOI: 10.17175/2025_006
Nachweis im OPAC der Herzog August Bibliothek: 1923106295
Erstveröffentlichung: 15.05.2025
Letzte Überprüfung aller Verweise: 11.04.2025
GND-Verschlagwortung: Quellenkritik | Forschungsdaten | Pandemie | COVID-19 | Bußgeldkatalog
Empfohlene Zitierweise: Fabian Cremer / Johannes Paulmann: Differenzierungsprozesse in der digitalen Quellen- und Datenkritik: Historische und analytische Kategorienbildung am Beispiel der bayerischen Bußgeldkataloge »Corona-Pandemie«, 2020–2022. In: Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften 10 (2025). 15.05.2025. HTML / XML / PDF. DOI: 10.17175/2025_006
Abstract
Der Beitrag stellt exemplarisch anhand von Bußgeldkatalogen aus der Zeit der COVID-19-Pandemie die maschinelle und manuelle Verarbeitung strukturierter Forschungsdaten sowie deren Interpretation mit einer historischen Fragestellung zur Humandifferenzierung vor. Im Forschungsprozess treten Kategorien und daraus folgende Differenzierungen in dreifacher Form auf: in der historischen Quelle, in der historisch-theoretischen Untersuchung von Prozessen der Kategorisierung und in der Erzeugung maschinenlesbarer Kategorien. Die Reflexion über Bildung, Anwendung und die Verknüpfung der verschiedenen Kategorien zur Unterscheidung von Menschen zeigt modellhaft, die Anforderungen an eine digitale Quellenkritik im Umgang mit strukturierten historischen Forschungsdaten.
The article presents a use case of machine and manual processing of structured research data based on catalogues of fines from the time of the COVID-19 pandemic, as well as their interpretation with a historical question regarding human differentiation. In the research process, categories and resulting differentiations appear in three forms: the historical source, the historical-theoretical study of categorisation processes, and the creation of machine-readable categories. The reflection on the formation, application and linkage of the various categories of human differentiation is an example of the requirements of digital source criticism in the handling of structured historical research data.
- 1. Zielsetzung: Kategorienbildung in der digitalen historischen Forschung
- 2. Forschungskontext: Praktiken des Unterscheidens in der Theorie der Humandifferenzierung
- 3. Sammlung digitaler Quellenbestände und Erzeugung strukturierter Daten
- 4. Differenzierungen in Quellen, Daten und Analysen
- 5. Kontext und Kritik der Quellen, Daten und Analyse
- Bibliografie
- Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1. Zielsetzung: Kategorienbildung in der digitalen historischen Forschung
[1]Mit der zunehmenden Verfügbarkeit digitalisierter oder originär digitaler Quellen für die historischen Geisteswissenschaften nehmen auch die Möglichkeiten der maschinellen Verarbeitung auf Basis digitaler Methoden zu. Die Informationen aus den Quellen müssen dabei strukturiert und quantifiziert werden, sodass durch Datenmodellierung, statistische Verfahren und Algorithmen analytische Kategorien gebildet werden. Für die historische Methode stellt dies neue Anforderungen an Heuristik, Quellenkritik und Interpretation, weil analytische, historische und technische Kategorien voneinander unterschieden und sinnhaft aufeinander bezogen werden müssen.
[2]Dieser Beitrag untersucht die maschinelle und manuelle Verarbeitung einer digitalen Sammlung strukturierter Forschungsdaten sowie deren Analyse in einer historischen Fragestellung und bezieht dazu theoretische Überlegungen zur Humandifferenzierung ein.[1] Die Bildung und Anwendung von Kategorien und die daraus folgenden Differenzierungen werden über den exemplarischen Ansatz hinaus modellhaft als Methode der digitalen Quellen- und Datenkritik für den Umgang mit strukturierten Daten in den historischen (digitalen) Geisteswissenschaften vorgestellt.
[3]Die Grundlage der exemplarischen Untersuchung bilden die im Rahmen der COVID-19-Pandemie erlassenen Bußgeldkataloge, die hier als historische Quelle mit Blick auf die Kategorisierung von Menschen und deren digitale Analyse betrachtet werden. Kategorien treten hierbei in dreifacher Hinsicht hervor:
- Inhaltliche Fragestellung: Der theoretische Ansatz der ›Humandifferenzierung‹ erfasst das grundlegende kulturelle und soziale Phänomen, dass sich Menschen fortlaufend voneinander unterscheiden, indem sie sich kategorial einordnen oder eingeordnet werden.[2] Eine historische Perspektive auf Humandifferenzierung fragt nach wiederkehrenden oder neuen Formen von Unterscheidungen durch die Bildung, Entwicklung und Anwendung von Kategorien.
- Historischer Quellenbestand: Staatliche Verordnungen setzen juristische Normen und für deren Umsetzung werden in Bußgeldkatalogen Menschen und ihr Verhalten in Kategorien eingeteilt.
- Digitale Analysemethode: Computergestützte Auswertungen von Quellen erfordern maschinenlesbare Kategorien, d. h. die Sammlung oder Erzeugung strukturierter Daten.
[4]Diese Konstellation birgt eine besondere Herausforderung in der verschränkten Kategorienbildung von Datengenerierung durch geschichtswissenschaftlich-theoretische Fragestellungen, historische Akteure und digitale Analysemethoden. Grundlegende Fragen sind: Welche Kategorisierungen von Menschengruppen lassen sich aus der Struktur und dem Inhalt historischer Quellen ablesen? Wurden diese kategorialen Differenzierungen erst mit der Erzeugung der Quelle festgelegt oder wurden bestehende Praktiken und Konzepte abgebildet? Welche gesellschaftlichen Differenzierungsprozesse finden sich im historischen Entstehungskontext einer Quelle und durch welche Strukturen und Systeme werden sie beeinflusst? Und: An welchen Stellen finden durch die eigene Datenverarbeitung Prozesse der Differenzierung (oder Nicht-Differenzierung) von Menschengruppen statt, die sich auf die Forschungsfrage auswirken? Wie verhält sich die eigene Datenmodellierung, wie das Auswählen von Entitäten, Typen und Relationen, zur historischen Kategorienbildung – werden Kategorien übernommen, ausdifferenziert, aufgelöst, zusammengefasst, reorganisiert?
[5]Die Bußgeldkataloge der COVID-19-Pandemie sind gut geeignet, modellhaft die Bildung von (historischen) Kategorien und (analytischen) Kategorien bei der Aufbereitung von historischen Quellen zu Forschungsdaten vorzuführen. Die Kataloge enthalten explizit Kategorien, sind in der Form strukturiert und liegen originär digital in größerem Umfang vor. Darüber hinaus werden in den Katalogen auch Klassifikationen von Menschen gebildet, die auf eine Anwendung verweisen, so dass ein Bezug zur historischen Praxis der Verhängung von Bußgeldern hergestellt werden kann. Der Aufbau unseres Beitrages folgt dem Arbeitsprozess der digitalen Datenanalyse, in der Forschungsprozess und Datenlebenszyklus eng miteinander verflochten sind: von der Fragestellung über die Datensammlung und -aufbereitung, die Datenanalyse und -publikation bis zur historischen Interpretation.
2. Forschungskontext: Praktiken des Unterscheidens in der Theorie der Humandifferenzierung
[6]Die Theorie der Humandifferenzierung, wie sie der DFG-Sonderforschungsbereich 1482 der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Leibniz-Institut für Europäische Geschichte empirisch entwickelt und erprobt, erfasst analytisch ein grundlegendes kulturelles und soziales Phänomen: dass sich Menschen fortlaufend voneinander unterscheiden, indem sie sich kategorial einordnen oder eingeordnet werden. Dies geschieht etwa nach Nationalität, Ethnizität, Religion, Alter, Geschlecht, Leistung oder sexueller Orientierung. Gesellschaften entwickeln hier ihre eigenen Ethnosoziologien, mit denen sie ihre Mitglieder klassifizieren und soziale Zugehörigkeiten herstellen. Ziel ist es, eine allgemeine, empirisch gesättigte Theorie der Humandifferenzierung zu entwickeln, die deren soziokulturelle Funktionen bestimmt. Sie nimmt eine Form kultureller Differenzierung in den Blick, die von der funktionalen Differenzierung in gesellschaftliche Teilsysteme in Politik, Wirtschaft, Kultur usw. und von der stratifikatorischen Differenzierung in Klassen, Schichten oder Stände ebensowenig erfasst wird wie von der Differenzierung nach sozialen Gebilden wie Gruppen, Netzwerken oder Organisationen. Das prozesshafte Verständnis von Humandifferenzierung als Untersuchung des Unterscheidens und nicht primär der Unterschiede, die als Resultate nur festgelegt erscheinen, öffnet sie besonders für historische Fragestellung.[3]
[7]Eine Theorie der Humandifferenzierung zielt auf ein umfängliches Verfahren und Begriffsgerüst, um soziale Zugehörigkeiten in ihrer Komplexität beschreiben zu können, darunter die Diversität des Zugehörens von Einzelnen zu sozialen Gebilden, die Dynamik von Selbst- und Fremdkategorisierungen in Begegnungen und Beziehungen und die Grade von Intensität und Eindeutigkeit einer Zuordnung.[4] Zentrale Beobachtungspunkte bilden dabei neben der Sprache auch Handlungen und Normen, die allesamt im Hinblick auf ihre zugrundeliegende Prozesshaftigkeit und ihre Umsetzung als Praktiken untersucht werden:
[8]»Menschen voneinander zu differenzieren heißt, sie perzeptiv auseinanderzuhalten und performativ zu disponieren, sie sprachlich zu kategorisieren und klassifikatorisch zu trennen, aber auch, sie evaluativ ungleich zu behandeln, räumlich zu segregieren und institutionell dauerhaft zu separieren. [...] Differenzierung soll dabei nicht einen evolutiven [= im Rahmen der Evolution], eigenlogisch ablaufenden Selbstteilungsprozess der Gesellschaftsgeschichte bezeichnen, sondern ein laufendes Auseinanderfinden, -halten, -ziehen und -treiben, das praktisch aufrechterhalten wird.«[5]
[9]Der Ansatz der Humandifferenzierung versucht dabei auch die verschiedenen Stufen, Modi und Grade einer Differenzierung zu erfassen. Die für diesen Beitrag wichtigsten Begrifflichkeiten zur Beschreibung der Differenzierungsprozesse sind folgende:[6]
2.1 Unterscheidung | Differenzierung
[10]Unterscheidungen schaffen im Rahmen eines Vergleichs Abstände zwischen Objekten. Dabei werden einzelne Aspekte spezifiziert und andere egalisiert, um so die Objekte in gleiche und ungleiche Gruppen zu unterteilen. Die Unterschiede zwischen Objekten innerhalb einer Kategorie werden egalisiert, während die Unterschiede gegenüber Objekten anderer Kategorien betont werden. Bei jedem Unterscheidungsversuch entstehen somit Fälle, in denen die Zuordnung uneindeutig bleibt. Differenzierungsprozesse bleiben damit instabil und fortlaufend.
2.2 Kategorisierung
[11]Die sprachliche Bezeichnung einer Unterscheidung verstetigt sie durch die Aufnahme in ein Vokabular. Der Differenzierungsakt wird damit manifest und referenzierbar. Die Abgrenzungsleistung der Kategorie, d. h. die Gleichsetzung der zugehörigen Objekte und die Ungleichsetzung der anderen, wird durch den sprachlichen Abstand verstärkt. Die Kategorie verändert die Objekte durch eine feste Zuschreibung eines Merkmals. Die Objekte werden so als ›Exemplar‹ einer Kategorie definiert, die dann weiter typisiert werden können, um etwaige Ambiguitäten aufzufangen.
2.3 Markierung
[12]Neben der Sprache können sich Differenzierungen auch in anderen wahrnehmbaren Kennzeichen manifestieren, mit denen Differenzierungen eine eigene Materialität erhalten. Die oft visuell oder auch performativ ausgerichteten ›Marker‹ werden durch Markierungsprozesse hergestellt und heben ein Objekt gegenüber anderen hervor. Die Erkennung der Differenzierung kann auch einseitig erfolgen, indem Objekte in markierte und nicht-markierte eingeteilt werden, so dass etwa die Gleichsetzung innerhalb einer Kategorie besonders betont wird, während alle Nicht-Markierten ihre Unterschiede erhalten können. Markierungen können sowohl selbst- als auch fremdbestimmt sein – und dabei für markierte Personen selbst unsichtbar bleiben.[7]
2.4 Klassifikation
[13]Kategorien können trotz ihrer Übertragbarkeit durch Sprache zeitlich und örtlich begrenzt bleiben. Durch das Einschreiben in institutionelle Strukturen werden die Kategorien selbst manifestiert. Mit der Formalisierung einer Kategorie entsteht eine Klassifikation, die in übergeordnete Systeme wie Rechtsnormen eingehen kann. In einer Klassifikation ist die in der sprachlichen Kategorie noch gegebene Möglichkeit von Ambiguitäten weiter reduziert oder ganz ignoriert. Klassifikationssysteme sind vollständig auf einen systematischen Einsatz ausgerichtet.
[14]Der Prozess der humandifferenzierenden Kategorienbildung findet zwischen Fremd- und Selbstkategorisierung statt.[8] Für die neuere europäische Geschichte sind Behörden und Ämter als Kategorisierer von zentraler Bedeutung. Im Folgenden untersuchen wir den Prozess der Kategorienbildung in der Manifestation von Verwaltungsdokumenten und deren Umwandlung in strukturierte Forschungsdaten.
3. Sammlung digitaler Quellenbestände und Erzeugung strukturierter Daten
3.1 Quellenbeschreibung: Coronaverordnungen und Bußgeldgeldkataloge
[15]Die sogenannten ›Coronaverordnungen‹, d. h. die Gesetze, Verordnungen sowie Allgemeinverfügungen und andere Verwaltungsakte, definierten als Rechtsnormen die verpflichtenden und die nicht zulässigen Handlungen während der COVID-19-Pandemie.[9] Neben den Verordnungen, die sich an die Bevölkerung richten, werden für die Umsetzung der Regelungen sogenannte Verwaltungsvorschriften erlassen, die sich in erster Linie an die Verwaltungsorgane richten. Dazu gehören auch die entsprechenden Bußgeldkataloge, die sich auf Verstöße gegen die Coronaverordnungen beziehen. Verwaltungsvorschriften, die eine Außenwirkung entfalten, müssen in Deutschland ebenso wie die vorgängigen Rechtsverordnungen veröffentlicht werden und sind damit auch für die Forschung zugänglich. Es handelt sich bei den Bußgeldkatalogen insofern um historische Daten, als die Pandemie und die verschiedenen Verordnungen einerseits im Laufe der Jahre 2020 bis 2022 durch die Verbreitung und Mutationen des Virus, den Impfstoff und die Anpassung der Maßnahmen eine zu beobachtende Entwicklung durchlaufen haben und die Pandemie andererseits seit Mai 2023 zu einem Ende gekommen ist.[10]
[16]Die Bußgeldkataloge in der Coronapandemie listen potentiell zu ahnende Verstöße auf und benennen den Adressat*innenkreis sowie die Höhe des Bußgeldes. Kategoriale Unterscheidungen von Menschen – sogenannte Humankategorien – tauchen zweifach auf: in den Beschreibungen der Verstöße und in den Definitionen der Adressat*innen. Die Höhe des Bußgeldes verknüpft diese Kategorien mit einer monetären Bewertung, so dass der Bußgeldkatalog die Handlung sowohl klassifizierbar als auch skalierbar macht.
Lfd. Nr. | Norm | Verstoß | Adressat des Bußgeldbescheids | Regelsatz |
1 | § 1 Abs. 2 Satz 1 VO | Öffnung eines Gastronomiebetriebes bzw. Abgabe von Speisen und Getränken, soweit keine Abgabe von mitnahmefähigen Speisen | Person, welche die Entscheidung über die Öffnung des Betriebes trifft (i.d.R. Betriebsinhaber, Wirt; bei jur. Personen: Geschäftsführung, o. Ä.) | 5.000,00 Euro |
2 | Nr. 3 AV v. 16.03.2020 »Betriebsstätten« | Nichteinhalten des vorgeschriebenen Mindestabstands zwischen den Gästen in Gastronomiebetrieben beim Abholen der Speisen | Betreiber | 500,00 Euro |
3 | § 1 Abs. 1 VO | Nichteinhalten des vorgeschriebenen Mindestabstands | Personen, die gegen das allgemeine Abstandsgebot verstoßen, ohne dass eine Ausnahme besteht | 150,00 Euro |
[17]Bußgelder werden bei relativ geringfügiger Verletzung von Rechtsnormen wegen Ordnungswidrigkeiten vor allem durch Behörden verhängt. Historisch dienten sie im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit als Sanktionsmedium, um Kompensation an Geschädigte zu leisten und ein Strafgeld an die Obrigkeit zu entrichten.[11] Davon besitzt heute nur noch Letzteres Relevanz. Allgemein haben Bußgelder die Funktion, ein Vergehen zu bestrafen, zum anderen dienen sie der Generalprävention, denn sie sollen andere von Vergehen abhalten. Werden sie angedroht und verhängt, aber nicht vollstreckt, bleibt dennoch ihre Drohwirkung erhalten. Geldbußen stellen außer Strafe und Prävention auch eine Einnahmequelle für die öffentliche Hand dar. Eine mehr oder weniger konsequente Verfolgung bei der Eintreibung ist in der Vergangenheit immer wieder zu beobachten gewesen abgestuft nach sozialen Gruppen und variierend im zeitlichen Verlauf.
3.2 Form, Zugang, Heuristik, maschinelle Sammlung des Quellenbestandes
[18]In Bayern wurden die Bußgeldkataloge im Bayerischen Ministerialblatt veröffentlicht, das in elektronischer Form auf der Verkündungsplattform Bayern erscheint und darüber im Open Access digital verfügbar und durchsuchbar ist.[12] Sie bieten damit günstige Voraussetzungen für eine maschinelle Sammlung der Quellen und ihre Auswertung mit quantitativen und computationellen Verfahren. Im Rahmen des Vorhabens wurden daher die bayerischen Bußgeldkataloge für das zu untersuchende Korpus ausgewählt.[13] Bußgeldkataloge werden als eigenständige Verwaltungsvorschriften veröffentlicht und sind daher über das Titelstichwort: ›Bußgeldkataloge‹ unmittelbar auffindbar. Im untersuchten Veröffentlichungszeitraum von 01.03.2020 bis 01.03.2022 gibt die Verkündungsplattform Bayern 21 direkte Treffer auf Bußgeldkataloge aus, die sich auf die allgemeinen Coronaverordnungen und spezifische Einreiseverordnungen beziehen.[14]
[19]In der Verkündungsplattform Bayern werden die Dokumente über ein festes Linkschema bereitgestellt, bei dem sich die URL nach dem Jahr und der Nummer der jeweiligen Vorschrift richtet. Dieses Linkschema ermöglicht die persistente Identifikation jeder Quelle, d. h. eine eindeutige und permanente Zuordnung wie bei einer Archivsignatur.[15] Aus der exportierten Suchergebnisliste können durch dieses Schema alle relevanten Ministerialblätter identifiziert werden, so dass alle Dokumente per Skript als HTML- und PDF-Version heruntergeladen werden können. Dieser Arbeitsschritt ist beliebig skalierbar und kann daher auch bei deutlich größeren Trefferzahlen in anderen historischen Untersuchungen mit digitalen Daten Sammlungen automatisiert erzeugen.
3.3 Analyse und Transformation der digitalen Quellen zu strukturierten Daten
[20]Die Dokumente auf der Verkündungsplattform liegen in zwei Versionen vor: als PDF-Datei für Ausdruck und Speicherung sowie als HTML-Seite zur Präsentation und Ansicht im Browser. Beide Aspekte, der formale Aufbau und die Bereitstellung in einem maschinenlesbaren Format, bilden die Grundlage für die Transformation zu strukturierten Daten. In der PDF-Version sind die Bußgeldkataloge für das Lesen mit dem menschlichen Auge optimiert. Die Dokumentenstruktur der Bußgeldkataloge lässt in der visuellen Betrachtung einen formalisierten Aufbau erkennen: vom Staatswappen über die Tabellen mit den Bußgeldern zu den Unterzeichner*innen bis zum Impressum. Zwar sind die Dateien in dieser Form grundsätzlich auch maschinell durchsuchbar, aber der Text ist ›unstrukturiert‹, denn die Tabellen, in denen die Bußgelder dargestellt werden, sind nur als Text formatiert, der lediglich grafisch als Tabelle umgesetzt wird. Für menschliche Leser*innen ist die Tabelle als Struktur erkennbar, kann aber nicht computergestützt erkannt, ausgelesen und direkt prozessiert werden.[16] Die HTML-Versionen enthalten hingegen semi-strukturierte Daten, weil hier die Tabellen in der hierarchisch strukturierten Markup-Sprache HTML umgesetzt wurden, in der jede einzelne Tabellenzelle im Quellcode ausgezeichnet ist (<tr> = table row; <td> = table data cell):
<tr>
<td>1</td>
<td>§ 2, § 17 Nr. 1 BayIfSMV</td>
<td>Personen, die entgegen § 2 BayIfSMV ihrer Maskenpflicht nicht nachkommen.</td>
<td>Personen ab 14 Jahren (§ 12 OWiG)</td>
<td>250,00 Euro</td>
</tr>
[21]Für die Analyse der Kategorienbildung sind nur die Tabellen aus den Bußgeldkatalogen von Interesse, daher wurden die einzelnen HTML-Tabellen aus jedem Dokument extrahiert. Die Tabellen aller Bußgeldkataloge wurden dann in einem neuen Dokument verkettet und zu einer Tabelle zusammengesetzt, die alle einzelnen Listenpunkte mit Verstoß, Adressat*innen und Bußgeld der gesamten Kataloge enthält. In dieser Form können die Daten in Tabellenkalkulationsprogramme importiert und als strukturierte Daten weiter aufbereitet und analysiert werden.[17]
4. Differenzierungen in Quellen, Daten und Analysen
4.1 Differenzierungsprozesse im Quellenbestand der Bußgeldkataloge
[22]Die hier untersuchten Bußgeldkataloge folgen den Verordnungen und dienen ihrer Durchsetzung. Grundsätzlich übernehmen sie damit das Ergebnis der verschiedenen Prozesse der Differenzierungen, wie Kategorisierungen, Dissimilierungen und Klassifikationen, aus den vorgängigen Regelungen. Dazu gehören die Unterscheidungen von handelnden Personen wie Reisenden, von definierten Räumen wie Krankenhäusern, von abgegrenzten Ereignissen wie Versammlungen oder beschreibbaren und überprüfbaren Handlungen wie dem Tragen von Masken.[18] Gleichzeitig lässt sich aus der Analyse des Datensatzes aber erkennen, an welcher Stelle erst in Bußgeldkatalogen weitere Prozesse der Aus- oder Entdifferenzierungen vorgenommen wurden oder in welchen Aspekten Kategorien zusammengefasst wurden.
[23]Die vorgängigen Verordnungen und die Bußgeldkataloge kategorisieren jeweils nach unterschiedlichen Zielsetzungen: In den Verordnungen werden Einschränkungen von Rechten vorgenommen und Verhaltensvorschriften gemacht. Sie müssen daher möglichst spezifisch beschrieben werden, ohne jedoch den abstrakt-generellen Anspruch einer Verordnung, die sich auf eine unbestimmte Anzahl von Personen richtet, zu verlassen. Die Bußgeldkataloge zielen hingegen auf Gleichbehandlung und Standardisierung ab. Bußgelder sollen gegen Personen unabhängig von ihrem Ansehen verhängt werden. Die Höhe ist bei jedem Verstoß einheitlich, die je nach Umständen ausgeschöpft werden kann. So gibt es in den Verordnungen zwar zahlreiche Regelungen, wo und für wen, zu welchem Zeitpunkt oder unter welchen Umständen eine Maskenpflicht gilt. Der Verstoß gegen die Maskenpflicht wird aber für alle Personen und in allen Situationen mit dem gleichen Bußgeld versehen, ohne dass eine Differenzierung nach Adressat*innen oder Raum vorgenommen wird. Damit soll eine unterschiedliche Klassifikation von Personen, die den gleichen Verstoß begehen, durch die Ordnungsbehörden vermieden werden. Die undifferenzierte Bußgeldhöhe macht zugleich die symbolische Bedeutung des Maskentragens in der Bekämpfung der Pandemie deutlich. Die historische Quelle der Bußgeldkataloge enthält folglich tendenziell Kategorien, die Unterscheidungen zwischen Menschen und ihren Handlungen kategorial zusammenführen, während die vorangegangenen Verordnungen sie in vielfältigen Kategorien beschreiben.
4.2 Explikation durch formale Bereinigung
[24]Die strukturierten Daten aus dem Quellenbestand wurden in diesem Vorhaben im Hinblick auf formale Fehler, die durch die Transformation entstehen, manuell bereinigt: Zeilenumbrüche, Zeichencodierung bei Sonderzeichen, Abweichungen in der Tabellenstruktur (bei einzelnen Bußgeldkatalogen gibt es mehr Spalten als in anderen). Neben der formellen Bereinigung wurde vor der Analyse auch eine semantische Normierung angestrebt, um die Datenabfragen möglichst präzise gestalten zu können. Dabei werden insbesondere die Schreibweisen und Varianten aus den Bußgeldkatalogen in den gebildeten Kategorien vereinheitlicht. Die insgesamt 461 Einträge, die die Adressat*innen der Bußgelder betreffen, enthalten 134 eindeutige, d. h. unterschiedliche Werte. Viele dieser Kategorien sind jedoch nicht semantisch unterschiedlich, sondern durch verschiedene Schreibweisen oder Umschreibungen bedingt, z. B. durch Verwendung von Leerzeichen bei Abkürzungen oder dem Genitiv-e. Durch eine Normalisierung der Schreibweisen ließ sich die Anzahl unterschiedlicher Bezeichnungen für Kategorien auf 70 Werte reduzieren. Im Hinblick auf Differenzierungsprozesse werden durch die Datenbereinigung selbst keine eigenen Kategorien gebildet, sondern vorhandene Kategorien expliziert und maschinenlesbar gemacht.
4.3 Kategorisierung durch quellengetreue Normalisierung
[25]Im Anschluss an die formale Bereinigung wurden Kategorien für eine vergleichende Analyse ausgewählt oder neu gebildet, um die in den Einträgen enthaltenen Unterscheidungen von Menschen eindeutig zu identifizieren und für eine quantitative Auswertung vorzubereiten. Dabei wird ein geschichtswissenschaftlich methodischer Schritt so vorgenommen, dass informatische Methoden darauf angewendet werden können. Für die historische Fragestellung ist die Nachvollziehbarkeit eines Datenpunkts zur zugrundeliegenden Stelle in der originalen Quelle maßgebend; für eine informatische Methode ist die eindeutige Adressierbarkeit und Prozessierbarkeit der (nach dem Datenmodell) zusammengehörigen Datenpunkte entscheidend. In den Bußgeldkatalogen gestaltet sich dieser Vorgang wie folgt: Hier tragen die Bezeichnungen der Adressat*innen eine Spezifizierung, die sich auf den Kontext des Verstoßes bezieht, z. B.: »Betreiber der Fahrschule«, »Betreiber der Kulturstätte«, »Betreiber der Praxis«. Diese Einträge verweisen auf eine übergeordnete Rolle ›Betreiber‹, die als Kategorie gewählt wurde und alle Einträge darunter zusammengefasst wurden. Durch diese Zusammenfassung wird eine neue Unterscheidung gebildet, so dass für die spätere Analyse dieser Unterscheidungsprozess bereits als Bestandteil einer historischen Interpretation verstanden und diskutiert werden muss.
[26]Nach diesem Vorgehen konnten 13 unterschiedliche Kategorien gebildet werden:
- Arbeitgeber
- Beförderer
- Betreiber
- Entscheidende Person
- Erziehungsberechtigter
- Handelnde Person
- Person ab 14
- Personensorgeberechtigte
- Reisender
- Schüler
- Teilnehmer
- Veranstalter
- Verantwortlicher
[27]Diese Liste repräsentiert die in den Bußgeldkatalogen verwendeten Kategorien. Weder werden durch diese Zusammenfassungen qualifizierte Analysekategorien begründet, noch werden die Bezüge zwischen den einzelnen Kategorien mit der Auflistung erfasst. Damit bildet diese Normalisierung von Einträgen auch noch keine Klassifikation.
[28]Die neuen Einträge der übergeordneten Kategorien werden als zusätzliche Information dem Datensatz hinzugefügt, so dass die originale Transliteration aus der Quelle nicht ersetzt, sondern nur ergänzt wird. Damit soll jene quellengetreue Normalisierung erreicht werden, die in den Auswertungen zum einen den direkten Zugriff auf den originären Kontext in der Quelle ermöglichen und zum anderen die Klassifikation von Einträgen wieder reversibel halten soll. Damit können die Analysekategorien überprüft und bei Bedarf ausdifferenziert oder verändert werden.
4.4 Markierung durch visuelle Analyseinstrumente
[29]Die Transformation in strukturierte Daten und die Anreicherung mit bereinigten und normalisierten Kategorien ermöglichen zusätzliche Filter- und Visualisierungsmöglichkeiten, die Unterscheidungen auch visuell markieren können. Einträge können so dokumentübergreifend gruppiert, sortiert und gefiltert werden. Durch das Ein- und Ausblenden von Tabellenspalten lassen sich einzelne Aspekte in den Daten besonders schnell erfassen. Mit den Methoden der deskriptiven Statistik können Auswertungen und Visualisierungen unmittelbar erzeugt werden. So zeigt die Übersicht über die Anzahl der Nennungen von einzelnen Adressat*innenkategorien die unterschiedliche Häufigkeit von eindeutig definierten, potenziellen Verstößen bestimmter Gruppen.
[30]Reisende – eine für die Ausbreitung der Pandemie besonders relevante und von den Regelungen besonders betroffene Gruppe – werden gemessen an der Anzahl der Regelungen jedoch nicht besonders häufig adressiert (7,7 % aller Regelungen), während für die Kategorien der ›Verantwortlichen‹ und der ›Entscheidenden Personen‹ besonders viele Regelungen ausgesprochen wurden (27,1 % und 18,3 %).
[31]In der Übersicht über den zeitlichen Verlauf der Nennungen wird deutlich, dass die Reisenden nur punktuell und gebündelt zu speziellen Ferienzeiten bzw. Pandemiephasen mit Vorschriften und Bußgeldandrohungen bedacht werden.
[32]Nach dieser Auswertung wird deutlich, dass sich die Analysekategorie der ›Reisenden‹ von den anderen Kategorien unterscheidet. Sie bezieht sich – wie diejenige der ›Handelnden Person‹ – auf eine Handlung. ›Personen ab 14 Jahren‹ werden andererseits nach Lebensalter und Strafmündigkeit unterschieden, ›Verantwortliche‹ oder ›Arbeitgeber‹ sind wiederum Funktionskategorien. Diese Unterscheidungen führten im Fortgang der Untersuchung zu weiteren analytischen Kategorien (siehe unten).
[33]Die Visualisierungen erzeugen dabei noch keine verlässlichen Informationen als Grundlage einer Interpretation. Sie fungieren als ›Lesehilfe‹ für die Daten, um auf etwaige Muster aufmerksam zu werden und diese dann in den Daten unmittelbar überprüfen zu können oder um den grundsätzlichen Informationsgehalt in den Daten beurteilen zu können. Mit diesen ›Sichten‹ auf die Daten lassen sich also Hinweise auf Muster, Entwicklungen, Verhältnisse, aber auch Ausreißer erkennen, die im gesamten Datenbestand unabhängig von ausgewählten Kategorien oder Filtern liegen können. Um die durch Filterung und Visualisierung als potentielle Muster erkannten Phänomene historisch überprüfen zu können, ist unter anderem eine direkte Konsultation der originalen Textstellen und / oder des Kontextes unerlässlich. Die Erhaltung der originalen Formulierungen in den strukturierten Daten sowie die eindeutige Referenz auf die Originalquelle erlauben ein paralleles ›Lesen‹ der Textstellen und einen schnellen Wechsel in den Kontext des Originaldokuments. Für die historische Datenanalyse ist die Verbindung zur Originalquelle im Sinne einer digitalen Quellenkritik unerlässlich.[19] So werden in den Bußgeldkatalogen stets Paragraphen der Verordnungen formal abgekürzt referenziert, die jedoch nur auf den Text der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung verweisen.
[34]Durch die Auswahl von bestimmten Analysekategorien und ihre Darstellung in Beziehung zueinander finden im Rahmen der Visualisierung weitere Differenzierungsprozesse statt. Dabei werden die Repräsentation der einzelnen Handlungen oder Menschen zusätzlich zu ihrer sprachlichen Differenzierung in den Analysekategorien auch visuell unterscheidbar gemacht und markiert. In diesem Fall etwa wird die separate Behandlung der Reisenden oder die Identifikation von verantwortlichen und entscheidenden Personen als potentielle weitere Analysekategorie herausgehoben. Die Visualisierung der Daten steht hier ganz am Anfang der Analyse und ist somit auch als Instrument der Quellenkritik einzusetzen. Im Rahmen einer Datenkritik als Teil von Quellenkritik muss daher nicht nur die sprachliche Kategorienbildung reflektiert, sondern auch die Differenzierungsprozesse in Visualisierungen und verwandten Instrumenten benannt und diskutiert werden. Durch die grafische Aufteilung in Balken, Linien, Tortenstücke und Anordnung in Rastern, Koordinatensystemen, Netzwerken etc. werden Informationen konstituiert, die bereits Ausdruck einer Interpretation durch den Werkzeugeinsatz und nicht allein Repräsentation der Daten ist.[20] So wird im oben genannten Beispiel die punktuelle Adressierung der Reisenden durch die Darstellung verbundener Datenpunkte in einem Liniendiagramm besonders betont.
4.5 Klassifikation durch quantitative und qualitative Analyse
[35]Die Verknüpfung mit den Bußgeldern hierarchisiert die unterschiedlichen Kategorien der Quelle und der Analyse, so dass neben den oben genannten Verläufen und Mustern auch Einzelphänomene im Datensatz hervortreten. Durch das strukturierte Abfragen der Daten lassen sich die Analysekategorien hinsichtlich der Verstöße und ihrer Ahndung weiter unterscheiden. Unter den Verstößen gegen die Maskenpflicht wird zwischen den genannten Betreiber*innen und Veranstalter*innen, die die Einhaltung nicht sicherstellen, und den Einzelpersonen, die gegen die Maskenpflicht verstoßen, unterschieden – mit, jeweils für die Gruppe, einheitlichen Bußgeldern (250 € für Nicht-Maske-tragen, 5.000 € für Nicht-Kontrollieren). So wird bei den Bußgeldern implizit eine zentrale Unterscheidung getroffen: zwischen Einzelpersonen, die eigenverantwortlich handeln und Verstöße begehen, und (juristischen) Personen, die Verstöße anderer zulassen oder nicht verhindern. Die letztere Gruppe wird entsprechend mit höheren Bußgeldern belegt. Aus diesen ›impliziten‹ Kategorien in den Quellen lassen sich neue Analysekategorien bilden: diejenigen, die Verstöße begehen, und diejenigen, die sie nicht verhindern.
[36]Eine Kategorie im Datensatz mit vergleichsweise hohem Bußgeld für Einzelpersonen sind »Erziehungsberechtigte, die wiederholt und beharrlich nicht dafür sorgen, dass der Maskenpflicht [in der Schule] nachgekommen wird«, die mit 1.000 € belegt werden.[21] Bemerkenswert ist hier, dass in der zugrunde liegenden Regelung aus den Verordnungen (Maskenpflicht in der Schule) die Adressat*innen nicht in weitere Kategorien eingeteilt werden. Die kategoriale Differenzierung erfolgt in der Verordnung im Anhang in der Übersicht der potentiellen Ordnungswidrigkeiten und wird erst im Bußgeldkatalog explizit vorgenommen und mit einer Geldzahlung bewertet. Die Kategorie der ›beharrlichen Erziehungsberechtigten‹ wird nur für diesen Fall geschaffen, in anderen Verstößen sind es allgemein die ›Personensorgeberechtigten‹.
[37]Durch die Integration mehrerer Bußgeldkataloge über einen Zeitraum von zwei Jahren in den Datensatz lassen sich auch Veränderungen und Entwicklungen ausmachen: So bleibt das Bußgeld für den Verstoß des ›Feierns‹ konstant, bis auf eine Erhöhung des Regelsatzes um mehr als das Dreifache im Dezember 2020. Zeitpunkt und Singularität dieser Erhöhung legt die Hypothese nahe, dass die Anhebung vor allem der präventiven Abschreckung diente: Weihnachtsfeiern sollten eingeschränkt werden, vor allem aber sollten die verbotene Nutzung von Feuerwerkskörpern an Silvester durch Bußgelder möglichst teuer werden und von den Feiernden nicht mehr als ein eben zu zahlender ›Preis‹ in die ohnehin bereits kostenintensive Aktivität eines privaten Feuerwerks einkalkuliert werden können.[22] Gleiches gilt für die »beharrlichen« Erziehungsberechtigten, die ab März 2021 offenbar ebenfalls durch ein drohendes Bußgeld in massiver Höhe zur Einhaltung der Maskenpflicht gebracht werden sollten. Diese galt zwar schon seit Wiedereinführung des Präsenzunterrichts im Mai 2020 in verschiedenen Ausprägungen, im Rahmen einer inzidenzabhängigen Öffnung ab März 2021 nach dem Corona-Lockdown in Bayern auch am Tisch. Für die Auswertung des Datensatzes im Rahmen einer historischen Fragestellung mit dem Ziel einer multi-perspektivischen Geschichte sind diese ›Ausreißer‹ hinsichtlich der Häufigkeit der Verwendung einer Kategorie und Höhe des Bußgeldes ebenso signifikant wie Muster und Verläufe.
[38]In einem anderen Fall hat die bayerische Landesregierung für einen Verstoß das Bußgeld auf das gesetzliche Maximum hochgesetzt (25.000 €) und eine zusätzliche Unterscheidung eingeführt. Diese Änderung im Bußgeldkatalog geht auf den sog. ›Gurkenhof-Skandal‹ zurück, bei dem ein Betrieb in den eigenen Gruppenunterkünften unzureichende Schutzmaßnahmen getroffen hatte und damit eine sehr große Zahl von Erkrankungen von Arbeiter*innen beförderte. Daraufhin änderte die Landesregierung die zugrundeliegende Verordnung und führte eine Differenzierung für betriebliche Unterkünfte (in Abgrenzung zu Hotels) ein, um dann im Bußgeldkatalog für die betrieblichen Unterkünfte ein höheres Bußgeld auszuweisen.[23] Während sich im Regelfall die Bußgelder aus den Verordnungen ergeben, wurden hier die Verordnungen in drei Kategorien, Verstoß (Gemeinschaftsunterkunft), Adressat (Betreiber) und Höhe (Erhöhung) angepasst, um ein höheres Bußgeld verhängen zu können – und diese Änderung medial als konsequentes politisches Handeln darzustellen.
[39]Die hier genannten Fälle der Kontrolle der Maskenpflicht, des Feierns und der Unterbringung von Saisonarbeitskräften verweisen auf drei in den Bußgeldkatalogen systematisch unterschiedlich behandelte Gruppen:
- Einzelpersonen, die in Kontaktsituationen mit anderen Einzelpersonen Handlungen ausführen oder unterlassen;
- Personen, die verantwortlich für Kontaktsituationen von Einzelpersonen gemacht werden und
- Personen, die in hohem Maße von Regeln abweichen, entweder durch wiederholte (›beharrliche Erziehungsberechtigte‹), gebündelte (›Silvesterböllern‹) oder besonders umfangreiche (›Massenunterkunft‹) Verstöße, und folglich mit deutlich höheren Bußgeldern belegt werden.
[40]In der Verbindung aus den Kategorien der Adressat*innen, Verstöße und der Höhe des Bußgeldes lässt sich diese unterschiedliche Behandlung als eine Klassifikation dieser Gruppen herausarbeiten. Als Ergebnis der Datenanalyse können diese Klassifikationen dann einen Referenzpunkt für eine Betrachtung der historischen Praxis und des historischen Kontextes von Bußgeldern in der Pandemie liefern.
5. Kontext und Kritik der Quellen, Daten und Analyse
5.1 Gesellschaftlicher Kontext der Bußgelder und Prozesse der Humandifferenzierung in der COVID-19-Pandemie
[41]Die Bußgeldkataloge sind zunächst Richtlinien für die Anwendung, d. h. sie sagen noch nichts über die Verhängung in der Praxis aus. In der Anwendung der Bußgeldkataloge sind mehrere staatliche Instanzen involviert, bei denen jeweils auch eine Humandifferenzierung stattfinden kann und die sich hinsichtlich der Instanzen und Vorgänge unterscheiden. Beteiligt an der Anwendung und Überprüfung sind Polizei, Ordnungsämter und Gerichte:
- Bei der Aufnahme der Bußgelder hat die Polizei einen Entscheidungsspielraum, eine Aufklärung vorzunehmen oder seit Oktober 2020 eine Verwarnung auszusprechen.
- Bei der Festsetzung und Verfolgung durch die Ordnungsämter wird ein Ermessensspielraum eingeräumt, das Bußgeld zu ermäßigen, etwa bei einer geringen Gefährdung, Einsicht beim Täter oder bei unzumutbarer Belastung.
- Bei der Bewertung von Einsprüchen entscheiden die Gerichte über die Legitimation und Angemessenheit der Bußgeldbescheide – oft mit größerer zeitlicher Verzögerung in einer späteren und dann veränderten Pandemiesituation.
[42]Die qua Verwaltungsvorschrift gebildeten Kategorien werden für die Bevölkerung zumeist erst relevant, wenn sie aktiv angewendet werden. Doch bereits zuvor können sie kategorieübergreifend abschreckend oder bewusstseinsbildend gewirkt haben. Beteiligte Akteure und Institutionen der Exekutive können Kategorien pragmatisch verändern und ergänzen, während sowohl die rechtmäßige Anwendung im Einzelfall als auch im Grundsatz durch die Judikative überprüft werden kann.[24] Die Verhängung der Bußgelder ist neben den genannten Akteuren auch von den gesellschaftlichen und kulturellen Praktiken abhängig, weil soziales Milieu und kultureller Kontext sowohl das unmittelbare Erleben der Einschränkungen in der Pandemie beeinflussen, so wie etwa eine in anderen Ländern erlernte flexiblere Regelorientierung das strikte Befolgen von Vorgaben in Deutschland erschweren.[25] Weiter beeinflussen die institutionellen Strukturen, das administrative Handeln sowie die politische Debatte die praktische Umsetzung von Bußgeldern, bei denen dann die in diesen Strukturen und Vorgängen stattfindenden Prozesse der Humandifferenzierung hervortreten. In der Pandemie entstehen zu den vorhandenen Praktiken zudem ganz neue Unterscheidungen zwischen Menschen: ›Gefährdete‹, ›Geimpfte‹, ›Getestete‹, ›Reiserückkehrer‹, ›Systemrelevante‹, ›Unmaskierte‹, etc.[26]
[43]Der Einsatz von Kategorien durch Institutionen führt durch die Umsetzung in Verwaltungsvorgänge in der Regel zu festen Klassifikationen. Im Bereich des abweichenden Verhaltens, zu dem die Verstöße gegen die Corona-Verordnungen gehören, wird die Bildung von Klassifikationen von Menschen, die potentiell Verstöße begehen, auch als eine Strategie der Erhaltung von Ordnung und Herrschaft eingesetzt. Für eine Einordnung dieser Prozesse bieten die Konzepte aus der kritischen Kriminologie und der Etikettierungstheorie methodische Ansätze, die ähnliche Differenzierungsformen wie die Humandifferenzierung formuliert haben und diese um (produzierte) Bilder und (zugeschriebene) Etiketten erweitern.[27] Im Falle der Bußgeldkataloge sind daher weniger die formalisierte Sprache der eigentlichen Regelungen, sondern Zeitpunkt, Anlass und Begründung der Einführung sowie deren praktische Verfolgung relevant.
[44]Der Einfluss der vor- und nachgängigen Differenzierungspraktiken im Rahmen von Bußgeldverfahren in der COVID-19-Pandemie wurde an verschiedenen Stellen wissenschaftlich untersucht, politisch adressiert und medial diskutiert. So wird bei der Verhängung von Bußgeldern in Großbritannien auch ethnische Zugehörigkeit von Personen erfasst, deren Verstöße geahndet werden. Bei Auswertungen der Polizei trat hervor, dass in der Pandemie einige Gruppen unverhältnismäßig stärker mit sogenannten Fixed Penalty Notices bestraft wurden als andere.[28] Ein vergleichbares Phänomen wurde in Australien festgestellt, wo Personen aus den indigenen Bevölkerungsgruppen häufiger in den Fokus von Ordnungskräften gerieten – auch in Folge bereits vorhandener Muster bei der Strafverfolgung.[29] Dabei wirken sich Prozesse der Humandifferenzierung in der nachgelagerten Strafverfolgung, etwa durch strukturellen Rassismus, auf die nach dem Gleichbehandlungsansatz aufgestellten Kategorien der Bußgeldkataloge aus und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Ahndung, während die vorgelagerten nachteiligen Arbeits- und Lebensbedingungen eine Einhaltung der Regelungen erschweren und so die Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes erhöhen, auch weil die Kategorien der Bußgelder gerade dies nicht berücksichtigen.[30]
[45]Im Abschlussbericht zur Wirksamkeit und Wirkung von Maßnahmen in der Pandemie hat das RKI die Notwendigkeit herausgestellt, sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen und migrationsbedingte Faktoren zukünftig stärker zu berücksichtigen.[31] Für eine wirksame Umsetzung der Regelung wurden bereits in der Pandemie differenzierte Maßnahmen für verschiedene Bevölkerungsgruppen vorgeschlagen – jenseits der Ahndung von allgemein gültigen Ordnungswidrigkeiten, welche grundsätzlich auch wirksam sein können[32] – etwa durch zielgruppenspezifische Aufklärungs- und Unterstützungsmaßnahmen.[33]
5.2 Zur Digitalität und Perspektivität von Open Government Data
[46]Eine Untersuchung wie die Ahndung nach spezifischen Bevölkerungsgruppen wie in Großbritannien wäre in Deutschland nicht möglich, weil diese Daten aus Gründen des Datenschutzes, des Föderalismus oder fehlender Verfahren nicht erhoben werden. Damit wird auch deutlich, welchen Einfluss zur Verfügung gestellte bzw. nicht erhobene Regierungsdaten nicht nur auf die Forschung, sondern auch auf den gesellschaftlichen Diskurs haben. In der medialen Berichterstattung zu Bußgeldern der COVID-19-Regelungen liegt der Fokus daher nicht auf den Gruppen, deren Verstöße geahndet werden, sondern auf:
- den Auswirkungen auf die administrativen Einheiten, darunter die bürokratischen Strukturen, die teilweise zur Überlastung von Ämtern oder Nichtbearbeitung von Verfahren führen und auch nach dem Ende der Pandemie unterschiedlich ausfallen;
- der retrospektiven ›Rechtmäßigkeit‹ der Bußgelder oder der Verfahren in der Berichterstattung über Gerichtsurteile sowohl in grundsätzlichen Verfahren als auch in anekdotisch vorgetragenen, von besonders kuriosen Umständen begleiteten Fällen; und
- den (erhöhten) Einnahmen der Kommunen durch die Bußgelder und die ungleiche Verteilung, Praktiken und Bearbeitung.
[47]Der vorliegende Datensatz der Bußgeldkataloge zeichnet sich durch eine offene Verfügbarkeit und hohe Interoperabilität aus, wie die Möglichkeit der Transformation in strukturierte Daten zeigt. Die Veröffentlichung in HTML dient in erster Linie der technischen Anzeige im Browser, damit das menschliche Auge die Dokumente auch auf PC und Smartphone komfortabel lesen kann und ermöglicht so Barrierefreiheit. Dabei ergibt sich für die Forschung der Nebeneffekt, dass die Dokumente auch leichter prozessierbar werden. Die Veröffentlichung der Daten erfolgt in Bayern seit Anfang 2019 über ein webbasiertes Informationssystem, das von der Bayerischen Staatsbibliothek entwickelt und betrieben wird, eine Einrichtung mit entsprechender Expertise in digitalen Forschungsinfrastrukturen. Damit geht auch die Bereitstellung von persistenten Identifikatoren, zitierfähigen Dokumenten und langfristiger Verfügbarkeit einher. Mit der zunehmenden digitalen Transformation ist dann auch mit einer umfangreichen Bereitstellung dieser Art von Regierungsdaten zu rechnen. Die während der COVID-19-Pandemie in Informationssystemen kontinuierlich veröffentlichten Fallzahlen hatten großen Einfluss auf das Verhalten vieler Menschen und waren ein wichtiges Steuerungsinstrument in der Pandemiebekämpfung. Die reine Bereitstellung ohne Begleitkommunikation macht für die Rezipient*innen eine Interpretation der Daten jedoch schwierig.[34] Für die Nutzung in der historischen Forschung birgt dies Potential und Herausforderung zugleich: Wenn vorrangig von den Behörden ausgewählte Regierungsdaten umfassend und prozessierbar verfügbar werden, müssen diese ›born-digital‹ Quellen im Rahmen der Quellenkritik sorgfältig begutachtet und kontextualisiert werden.[35] Hier bieten Ansätze der historischen Sozialforschung bereits methodische Grundlagen, auf die aufgebaut werden kann, etwa zum Umgang mit amtlichen Kriminalitätsstatistiken und der Notwendigkeit ihrer Kontextualisierung mit weiteren, sowohl amtlichen als auch nicht-amtlichen Quellentypen.[36]
5.3 Humandifferenzierung als Methode der digitalen Quellen- und Datenkritik in der historischen Forschung
[48]Dieser Beitrag hat exemplarisch und modellhaft das theoretische Modell der Humandifferenzierung in der kritischen Auseinandersetzung mit digitalen Quellen und strukturierten Daten in der historischen Forschung umzusetzen versucht. In der Analyse der bayerischen Bußgeldkataloge spielen Humankategorien und ihre verschiedenen Abstufungen auf mehreren Ebenen eine Rolle: a) als historische Kategorien in den Quellen; b) als Teilmenge der Kategorien, die in der Gesellschaft während der Pandemie vorkommen und c) als erstellte Kategorien in den Forschungsdaten. Mit der letzten Ebene wird die Methode für die Datenkritik anwendbar.
[49]Die Übertragungsfähigkeit der Methode im historischen Forschungs- und informatischen Datenverarbeitungsprozess lässt sich folgendermaßen reflektieren:
- Provenienz und Transformationen von born-digital Quellen: Bei born-digital Quellen finden in jedem Schritt des Datenlebenszyklus – bei Erhebung, Modellierung, Analyse und Bereitstellung – Differenzierungsprozesse statt, in denen einzelne Informationseinheiten unterscheidbar gemacht werden. Sobald sich diese Informationen auf die Bezeichnung von Menschen, ihren Status, ihr Handeln oder ihre Behandlung beziehen, bietet Humandifferenzierung eine Methode, diese Unterscheidungen als Prozesse zu verstehen. Für born-digital Quellen steht damit ein Ansatz zur Verfügung, die beim Erstellen, Modellieren, Analysieren oder Bereitstellen getroffenen Unterscheidungen in den Quellen, sei es durch andere Menschen, Algorithmen oder technische Bedingungen, kritisch zu beschreiben.
- Historisch-gesellschaftliche Kontexte: Die Theorie der Humandifferenzierung fragt nach der Verteilung von Personen auf Kategorien innerhalb der Gesellschaft: »Wer zählt eigentlich als was?«[37] Das Vokabular und die Konzepte der Humandifferenzierung sind auf gesellschaftliche Kontexte ausgerichtet. Somit lassen sich die in digitalen Quellen manifesten und expliziten Kategorien in Relation zu den historischen, strukturellen, fluiden, impliziten Kategorien im gesellschaftlichen Kontext setzen und dabei als einen kontinuierlichen und mitunter abhängigen Prozess beschreiben, ohne hierfür unterschiedliche Konzepte und Vokabulare einzusetzen. Dies ist besonders für die in digitalen Daten eingeschriebenen Kategorien relevant, die vor- und nachgelagerte Kategorienbildung sowohl reproduzieren oder verstärken als auch ignorieren oder verschleiern können.
- Explikationen und Implikationen in digitalen Forschungsmethoden: Die Theorie der Humandifferenzierung beschreibt Differenzierungen als Prozesse. Für die mit dem Einsatz digitaler Methoden verbundene Transformation von Datensätzen bietet dies die Möglichkeit, auch technische und informatische Prozessschritte im Hinblick auf etwaige Auswirkungen auf die Bildung von Humankategorien zu untersuchen: Kategorisierung, Klassifikation und Markierungen finden bei der Prozessierung von strukturierten Daten durch Anreicherungen, Abfragen, Visualisierungen und Auswertungen statt. An welchen Stellen finden durch die eigene Datenmodellierung, wie das Auswählen von Entitäten, oder durch die Verarbeitung der Daten, wie die Darstellung in einer Visualisierung, neue Prozesse der Differenzierung (oder Nicht-Differenzierung) von Menschengruppen statt, die sich auf die Forschungsfrage auswirken? Auch beim Einsatz von Statistik, Algorithmen und großen Sprachmodellen können die in den Verfahren implizite Kategorien in die Auswertung einfließen oder bei der Datenpräparation gesetzte Kategorien verändert werden.[38]
[50]Forschungsprozess, historischer Kontext und Datenanalyse sind eng miteinander verflochten. So beeinflusst der gesellschaftliche Rahmen, welche Daten in der Pandemie gesammelt werden, wie sie strukturiert und bereitgestellt werden. Die Forschungsfrage nach Humandifferenzierungen in der Pandemie beeinflusst, welche Daten ausgewählt, wie sie aufbereitet und wie sie analysiert werden. Die Reflexion der eigenen Analysekategorien ist bereits fester Bestandteil der historischen Methode. Doch für eine prozesshafte Kategorienbildung, die sich in den historischen Ereignissen, den dabei entstandenen Quellen und den darauf aufsetzenden digitalen Analysemethoden vollzieht, benötigt es ein auf alle diese Ebenen übertragbares Konzept. Über den Ansatz der Humandifferenzierung lassen sich sowohl die in historischen Quellen manifeste Differenzierung wieder dekonstruieren als auch die in der eigenen Methodik notwendigen Kategorisierungen so gestalten oder kontextualisieren, dass deren Festschreibung dokumentiert wird und wiederum fluide interpretiert werden kann.
Fußnoten
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[1]Der Beitrag entstand im Rahmen der Forschungsarbeiten im SFB 1482: ›Humandifferenzierung‹, Teilprojekt ›Pandemische Humandifferenzierung. Proxemischer Wandel bei viral irritierter Sozialität (C03)‹, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 442261292.
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[2]Vgl. Hirschauer 2021b.
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[3]Vgl. Paulmann 2021.
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[4]Vgl. Hirschauer 2017.
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[5]Hirschauer 2021b, S. 157.
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[6]Vgl. Hirschauer 2021b, S. 157–161.
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[7]Vgl. Lindenhayn / Sties 2013.
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[8]Vgl. Friedrichs 2023.
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[9]Eine Übersicht bietet der Wikipedia-Artikel: Liste der infolge der COVID-19-Pandemie erlassenen deutschen Gesetze und Verordnungen.
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[10]WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus am 05.05.2023: »I declare COVID-19 over as a global health emergency.«World Health Organization 2023.
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[11]Vgl. Schwerhoff 2011, S. 103–105; Schumann 2008.
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[12]Bayerische Staatskanzlei: Veröffentlichungen im Bayerischen Ministerialblatt. In: Bayern.Recht. Verkündungsplattform Bayern.
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[13]Einzelne Bundesländer veröffentlichen Verordnungen über webbasierte Informationssysteme, in denen die Dokumente im HTML-Format längerfristig verfügbar sind, z. B. BRAVORS - Brandenburgisches Vorschriftensystem. Ausschließlich in Bayern werden neben den Verordnungen auch die Bußgeldkataloge im HTML-Format im Informationssystem veröffentlicht. Auch unter der Voraussetzung, dass die PDF-Dokumente in Daten umgewandelt werden können, ist durch die unterschiedliche Praxis in der Versionierung und Änderungen der Verordnungen und ihrer Anhänge ein bundesländerübergreifender Vergleich mit einer gemeinsamen Datenbasis nur schwer möglich.
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[14]Diese Datenbankabfrage ist die Grundlage für den Quellenkorpus und damit die weitere Arbeit an den Daten. Um eine Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, wurden diese Abfrage und die Suchergebnisliste gesichert und dokumentiert, d. h. es werden nicht nur die Daten, sondern auch der Suchvorgang selbst gesichert. Die Datenbankabfrage ist direkt über eine URL nachvollziehbar: https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/?offset=1&title=Bu%C3%9Fgeldkatalog&from=2020-03-01&to=2022-03-01. Die Suchergebnisliste wurde als HTML-Daten zusätzlich gesichert.
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[15]So ist z. B. das BayMBl. 2021 Nr. 828 vom 26.11.2021 erreichbar unter https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/2021-828/>https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/2021-828/ bzw. https://www.verkuendung-bayern.de/files/baymbl/2021/828/baymbl-2021-828.pdf.
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[16]Durch den Einsatz von Large Language Models könnten automatische oder zumindest semi-automatische Workflows zur Extraktion von strukturierten Daten aus Tabellen in PDF-Dokumenten entwickelt werden. Ein Experiment war bezogen auf die grundlegende Aufgabe der Erkennung und Transformation bereits vielversprechend.
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[17]Der Datensatz ist publiziert: Cremer / Paulmann 2024.
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[18]Vgl. Hirschauer 2021a.
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[19]
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[20]Vgl. Drucker 2011.
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[21]Vgl. Datensatz Cremer / Paulmann 2024: BayMBl. 2021 Nr. 206 vom 17.03.2021, § 18, § 29 Nr. 16 BayIfSMV.
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[22]Wann und inwieweit Bußgelder als von Feierenden zu zahlender Preis interpretiert werden, ist nicht eindeutig zu beantworten. Siehe hierzu auch die Replikationsuntersuchung Metcalf et al. 2020. In Großbritannien wurde dieses Phänomen bei privilegierten Jugendlichen beobachtet: Murray et al. 2024, S. 14.
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[23]Vgl. dpa 2020.
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[24]Vgl. beispielhaft die Angaben zu Feststellung, Ahndung und Gerichtsentscheidungen bei Ordnungswidrigkeiten zu Beginn der COVID-19-Pandemie: Bayerischer Landtag 2020.
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[25]Vgl. Otten 2021, S. 227.
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[26]
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[27]Siehe das Glossar in Cremer-Schäfer / Steinert 2021. Zu deviantem Verhalten und institutionellen Kontrollmechanismen siehe auch Peters 1989.
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[28]
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[29]Vgl. Boon-Kuo et al. 2021.
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[30]Siehe hierzu den Bericht von: Amnesty International 2022.
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[31]
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[32]Dies wurde experimentell anhand von Bayern untersucht: Chae / Park 2020.
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[33]Vgl. Watts et al. 2021.
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[34]
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[35]Vgl. Ruijer et al. 2020.
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[36]Vgl. Reinke 1992.
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[37]Hirschauer 2021b, S. 164.
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[38]Vgl. Althage et al. 2024
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- Wikipedia: Liste der infolge der COVID-19-Pandemie erlassenen deutschen Gesetze und Verordnungen, 02.10.2022. [online]
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
- Tab. 1: Die ersten drei Einträge aus dem ersten Bußgeldkatalog »Corona-Pandemie« der Bayerischen Staatsministerien (27.03.2020).
- Abb. 1: Anzahl aller Bußgeldkatalogeinträge je Adressat*innenkategorie. [Grafik: Cremer / Paulmann 2025]
- Abb. 2: Anzahl der Einträge je Adressat*innenkategorie über den zeitlichen Verlauf. [Grafik: Cremer / Paulmann 2025]