Abstract
Die vorliegende Studie präsentiert und erprobt eine Methodik, mit der die Paratexte eines mittelgroßen Textkorpus erfasst und analysiert werden. Zunächst wird eine Einführung in die Erzähltheorie gegeben, dann werden die einzelnen methodischen Schritte zur Erfassung der unterschiedlichen paratextuellen und textuellen Signale ausführlich dargelegt. Deren Quantifizierung ermöglicht ein Clustering und damit die Zusammenfassung der untersuchten Texte in Gruppen. An einem Korpus von 103 wissenschaftlichen Ethnografien wird beispielhaft vorgeführt, zu welchen Ergebnissen die Analyse von Paratexten führen kann. Sie zeigt, dass ethnografisches Schreiben im 20. Jahrhundert zwischen einer wissenschaftlichen Darstellung einerseits und einer autobiografischen Erzählform andererseits changiert. Die Analyse nimmt dabei sowohl das Textkorpus als Ganzes in den Blick als auch die Entwicklungen im Zeitverlauf. Hieran lässt sich die Geschichte der Disziplin nachvollziehen, die das forschende Subjekt zunächst passiv als neutrale*n Beobachter*in konzipiert hat und erst in jüngerer Zeit als aktiv interagierende Persönlichkeit präsentiert. Der Schlussteil diskutiert Möglichkeiten zur Automatisierung der Datenerhebung sowie den Einsatz von machine learning-Verfahren. Das Potenzial von Paratextanalysen, Einsichten in die sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert vollziehende funktionale Ausdifferenzierung der Darstellungskonventionen zu gewähren, wird so umrissen.Version 2.0 (02.09.2022)
Es wurden folgende Änderungen vorgenommen: Inhaltliche Anpassungen, wie sie von den Gutachten angemerkt worden sind. Aktualisierung und Ergänzung der bibliographischen Angaben. Formale Korrekturen.
1. Einführung
[1]Wir denken uns einen Leser, der eine Buchhandlung betritt. Er steuert auf ein Regal zu, das beispielsweise mit »Geschichte« annonciert wird, und nimmt aufs Geratewohl einige Bücher heraus. Innerhalb von wenigen Minuten kann er entscheiden, ob er eine Autobiografie, einen historischen Roman oder ein wissenschaftliches Werk vor sich hat – und das, obwohl weniger als ein Viertel aller Bücher über einen Genrehinweis verfügt.[1] Ähnlich verhält es sich bei literarischen Werken. Klappentexte und weitere Hinweise informieren ihn über Form und Inhalt der Bücher. Zweifellos beherrscht unser Leser eine Kulturtechnik, die er sich im Laufe seines Lebens angeeignet hat. Signale im Text, und vor allem an den Texträndern, unterstützen ihn bei seiner Einschätzung.
[2]Wie funktioniert dieser Prozess genau? Lassen sich die Signale, die der Text aussendet, kategorisieren, erfassen und systematisch auswerten? Wie könnte ein Arbeitsablauf dafür aussehen? Zu welchen Erkenntnissen kann eine solche kurzfristig-oberflächliche Analyse von Texten führen, wenn ein ganzes Textkorpus erfasst wird? Diesen Fragen ist die folgende Pilotstudie[2] gewidmet, die zunächst in die Theorie einführt, dann eine Methodologie präsentiert und anschließend an einem Korpus von 103 wissenschaftlichen Ethnografien beispielhaft vorführt, zu welchen Ergebnissen die Analyse von Paratexten führen kann.
2. Paratexte – die Begleiter der Werke
[3]Das eben eingeführte Beispiel des gedachten Lesers verdeutlicht, dass zunächst zwischen kontextuellen (z. B. Kenntnis des*der Autors*in oder des Verlags), paratextuellen (Widmungen, Vorworte, Fußnoten, Zitate, Anhänge, Bibliografien, Beiträge der Herausgeber*innen, vom Verlag hinzugefügte Klappentexte) und textuellen Signalen (Erzählinstanz, Personen, Orte, Dialoge, interne Fokalisierung etc.) unterschieden werden muss. Während die paratextuellen Signale – also jene, die den Haupttext selbst begleiten – leicht als Daten erfasst werden können, erfordert beispielsweise die Einschätzung, ob es sich um einen autobiografischen oder einen fiktiven Ich-Erzähler handelt, eine Evaluation durch die Leser*innen. Sie finden z. B. in einem Vorwort Hinweise darauf, ob es sich um Selbsterlebtes oder um eine Fiktion handelt. Kontextuelle Signale wiederum sind Teil des Alltagswissens der Leser*innen; sie variieren je nach ihrer Disposition und Kenntnisstand und werden im Folgenden nicht weiter berücksichtigt, da sie nicht auf eine einfache Weise objektiviert werden können.[3]
[4]Paratexte sind mit Gérard Genette all jene Informationen, die einen Text »umgeben und verlängern […], um ihn im üblichen, aber auch im vollsten Sinn des Wortes zu präsentieren; ihn präsent zu machen, und damit seine ›Rezeption‹ und seinen Konsum in, zumindest heutzutage, der Gestalt eines Buches zu ermöglichen«.[4] In seiner Studie beschäftigt sich Genette ausschließlich mit literarischen Werken und richtet sein Interesse auf die Namen der Autor*innen, den Titel, den Waschzettel (»Klappentext«), Widmungen, Motti, Vorworte, Zwischentitel und Anmerkungen.[5] Im Hinblick auf nichtliterarische und vor allem nichtfiktionale Werke können Illustrationen, Fotografien, Tabellen, Schaubilder, Karten, Appendizes, Danksagungen usf. ebenfalls als Paratexte verstanden werden.
[5]Genette unterscheidet darüber hinaus zwischen Paratexten, die von Autor*innen und/oder Herausgeber*innen im Hinblick auf das Werk hinzugefügt wurden (Peritexte, z. B. Widmungen und Danksagungen, aber auch vom Verlag hinzugefügte Informationen wie Gattungsangaben, Inhaltsverzeichnisse oder Indizes) und werkexternen Paratexten, die in der Form von Begleitmaterialien dem Text beigefügt werden (Epitexte, hier insbesondere die verlegerischen Epitexte auf dem Umschlag, aber auch standardisierte Informationen wie jene Metadaten, die der Deutschen Nationalbibliothek übermittelt oder als Library of Congress Cataloging-in-Publication Data erfasst werden). Peritexte und Epitexte teilen sich nach Genette »erschöpfend und restlos das räumliche Feld des Paratextes«, mit anderen Worten: »Paratext = Peritext + Epitext.«[6] Hier wird vor allem deutlich, welchen Sinn der Originaltitel des Genette’schen Werkes Seuils hat: Er stellt Paratexte metaphorisch nicht nur als die ›Schwellen‹ vor, die die Leser*innen zu überschreiten haben, um in den Text zu gelangen, sondern er markiert die Paratexte auch als ›Schwellenbereich‹, in dem die Gestaltung durch die Autor*in mit der des Verlages vermittelt wird.[7] An den Paratexten lassen sich daher Präsentation, Traditionen, gesellschaftliche Konventionen und die Kräfte des Marktes ablesen und objektivieren. Im Hinblick auf die hier zu untersuchenden Paratexte in wissenschaftlichen Werken lassen sich objektivierende Paratexte – also solche, die den wissenschaftlichen Objektivitätsgestus unterstützen, wie etwa Fuß- und Endnoten, die Bibliographie oder ein Glossar – von solchen Paratexten unterscheiden, die eine subjektivierende Funktion haben, indem sie den Bezug zur Forscher*in und deren sozialer Umwelt herstellen, wie dies etwa bei Widmungen, Danksagungen oder der Kurzpräsentation der Autor*innen der Fall ist.
[6]Textuelle Signale wie die Erzählposition hingegen sind nicht zu den Paratexten zu zählen, enthalten aber unverzichtbare Informationen. So finden sich konstitutive Merkmale faktualer Erzählungen wie die Identität von Autor*in und Erzähler oder die Unterscheidung von homo- und heterodiegetischer Erzählebene vor allem textintern.[8] Auch hier sind die Vorarbeiten von Genette von entscheidender Bedeutung, sind die Erzählinstanzen doch Träger der generischen Unterscheidung der Texte, denn die Genres der Fiktion, der Autobiografie und der faktualen Erzählung sind durch einen charakteristischen Einsatz der Erzählpositionen gekennzeichnet, insbesondere was die Beziehung zwischen Erzähler, Autor*in und Figur angeht.[9] So signalisiert die Identität von Autor*in (A), Erzähler (N) und Person (P) eine Autobiografie, zusammengefasst in der Formel A = N = P. In einer Biografie hingegen sind die Autor*innen nicht identisch mit den Personen, über die sie schreiben, also gilt: A = N; A ≠ P; N ≠ P. Die Analyse der Beziehungen zwischen Autor*innen, Erzähler und den im Text vorkommenden Personen sowie die Unterscheidung von homodiegetischer (der Erzähler ist Teil der erzählten Welt) und heterodiegetischer Ebene (der Erzähler ist nicht Teil der erzählten Welt) erlauben also Aussagen über den ontologischen Status des Textes.
[7]Um wie der gedachte Leser aus der obigen Einführung eine Reihe von Texten anhand ihrer Paratexte sowie textinterner Merkmale wie der Erzählsituation zu evaluieren, müsste daher die Gesamtheit der Paratexte und der Erzählinstanzen sowie weiterer textinterner Hinweise wie Dialoge oder Verben der Aktivität oder internen Fokalisierung erfasst werden. Die Kombination dieser Signale sowie ihre je unterschiedliche Gewichtung kann dann der Identifikation von Texten dienlich gemacht werden, die von der Form her analog gestaltet sind. So lassen sich einzelne Gruppen von Texten voneinander abgrenzen, wiederkehrende Muster identifizieren, typische Darstellungen ermitteln und konventionelle Präsentationen von unkonventionellen unterscheiden. Wo das untersuchte Textkorpus groß genug ist und sich auch eine zeitliche Tiefenstaffelung findet, lassen sich Entwicklungen im Zeitverlauf nachzeichnen.
[8]Es liegt auf der Hand, dass eine solche Erfassung eine große Datenmenge produziert, die manuell kaum noch ausgewertet werden kann, sobald das Korpus groß wird. Obwohl in der vorliegenden Studie mit dem einleitend entworfenen gedachten Leser einer Herangehensweise gefolgt werden soll, die die Alltagserfahrung aller routinierten Leser*innen abbildet und verlängert, muss doch auch auf die Eigenheiten verwiesen werden, die die Bearbeitung größerer Datenmengen, die Umwandlung textueller und grafischer Informationen in Zahlenwerte und das Clustering der Werte mit sich bringen. Hier wird der Übergang von einem hermeneutischen Verstehen zu den Digital Humanities vollzogen. Die abstrakte Relationierung von Textsignalen in Form von Mustern lässt sich nicht vollständig mit dem Erleben von Texten durch die Rezipient*innen vermitteln. Sie führt zwar dazu, dass typische Muster wie etwa Genrekonventionen ermittelt werden und diese auch die Leseerfahrung der Rezipient*innen bestätigen können, aber zum einen können aus den erhobenen Daten keine Kausalzusammenhänge abgeleitet werden, die erklären, wie und warum es zu einer spezifischen Konfiguration von Werten kam (dies ist die Aufgabe der Literaturgeschichte), zum anderen bilden geclusterte Daten Muster, die nie perfekt sind, weshalb nach Erklärungen für die Übergänge zwischen typischen Merkmalsgruppen gesucht werden muss (dies ist die Aufgabe der Allgemeinen Literaturwissenschaft). Hier zeigt sich eine spezifische Herausforderung für die Geisteswissenschaften und der von ihnen betriebenen hermeneutischen Interpretation: Wo akkumulierte und relationierte Daten gedeutet und erklärt werden sollen, bedarf es Erkenntnissen und Einsichten, die aus dem genuinen Bereich der Geisteswissenschaften – hier der Literaturwissenschaft – stammen, und die mit den Ergebnissen der Datenanalyse harmonisiert werden müssen, um überzeugende Erklärungen vorlegen zu können. Kausalattribuierungen sind daher nur im Rahmen der Kontextualisierung der Daten und ihrer Interpretation möglich. Dies wird im Auswertungsteil der vorliegenden Studie sehr deutlich werden.
3. Methodologie
[9]Als wissenschaftliches Genre, in dem das Verhältnis zwischen Forscher*in und zu erforschender Umwelt im Zentrum steht, reflektieren wissenschaftliche Ethnografien zum einen zeitgenössische Darstellungskonventionen, wie sie beispielsweise in der Phase der Etablierung und Anerkennung als Wissenschaftsdisziplin ab den 1870er Jahren gängig waren; zum anderen hinterfragte die Ethnografie im Laufe der Zeit nicht nur ihre Beschreibung von Kultur, sondern auch die Kultur des Schreibens und (wissenschaftlichen) Darstellens und die damit verbundene Konstruktion von Kultur. In der Writing Culture-Debatte ab den späten 1970er Jahren wurden daher Fragen nach ethnografischer Repräsentation und nach der Positionalität der Forscher*innen diskutiert.[10] Gerade der Kontrast zwischen wissenschaftlicher Präsentation, die ihre Befunde durch eine Vielzahl von Paratexten absichert, und einer autobiografisch fundierten Selbstreflexion der Forscher*innen wirft die Frage auf, inwiefern ethnografisches Schreiben grundsätzlich durch eine Spannung zwischen wissenschaftlich-objektivierender und subjektiv-reflektierender Darstellung gekennzeichnet ist und inwiefern sich dies in der Form der Präsentation niederschlägt. Da sich wissenschaftliche Ethnografien – wie die meisten wissenschaftlichen Publikationen – durch eine Vielzahl von Paratexten auszeichnen, liegt es nahe, den paratextuellen Apparat genauer zu untersuchen, um insbesondere den Wandel der Präsentation im Zeitverlauf in den Blick nehmen zu können. Die vorliegende Pilotstudie betritt damit für die Ethnografie Neuland, denn bislang wurde noch kein größeres Korpus einer systematischen literaturwissenschaftlichen Analyse unterzogen.[11] Im Folgenden wird beschrieben, wie auf der Grundlage von 103 wissenschaftlichen Ethnografien Daten erhoben und ausgewertet wurden. Die Leitfragen waren dabei folgende:
- Wie lassen sich Darstellungskonventionen in der Ethnologie beschreiben?
- Können Abweichungen von diesen Konventionen identifiziert werden und wie sehen sie aus?
- Wie funktionieren Gattungsprogramme, wie wird ethnologisches Schreiben generisch formatiert?
- Wie formatieren Paratexte und textinterne Signale die Darstellung von Feldforschungen und damit von publiziertem ethnologischem Wissen?
- Wie bedingen sie die Darstellung von Objektivität und Subjektivität in der Ethnologie?
[10]Die Auswahl der zu untersuchenden Texte stellte eine erste Herausforderung dar. Da in der Ethnologie bislang noch kein Katalog der bedeutendsten Werke existiert – etwa in Form einer Liste der am häufigsten zitierten Texte[12] – und damit kein etablierter Kanon vorliegt, hätte ein alternativer Weg darin bestanden, eine repräsentative Stichprobe aus einer Grundgesamtheit ziehen. Diese Grundgesamtheit könnte kumulativ aus dem Katalog der Library of Congress kompiliert werden, indem beispielsweise die Library of Congress Subject Headings Ethnology und Anthropology miteinander kombiniert werden. Eine Recherche ergab, dass allein mit dem Subject Heading Ethnology und seinen Unterkategorien über 23.000 Titel in vielen Sprachen verknüpft sind. Da davon ausgegangen werden kann, dass ein Großteil dieser Monografien nur in gedruckter Form vorliegen und nicht elektronisch verfügbar sind, erschien der Aufwand für die Literaturbeschaffung unangemessen für eine Pilotstudie, denn die Datenerhebung verlangt eine Autopsie der einzelnen Titel.
[11]Die Textauswahl erfolgte daher pragmatisch in zwei Schritten. Zunächst wurde auf die Social-Reading-Plattform Goodreads zugegriffen, auf der die Leser*innengemeinschaft Bücher nach Genres klassifiziert. Gegenwärtig sind dort 29.260 Titel unter dem Stichwort Anthropology verzeichnet. Diese Liste wurde in einem ersten Schritt nach dem Kriterium der Häufigkeit sortiert, in diesem Fall die Häufigkeit der Zuweisung des Labels Anthropology zu einem Titel. So kam eine erste Auswahl von rund 1.750 Werken zustande, die im csv-Format exportiert wurden. Diese Auswahl erlaubte – bei aller Ungenauigkeit und Willkür, die Social-Reading-Plattformen mit sich bringen – eine erste Abschätzung des Korpus im Hinblick auf die Anzahl von Publikationen im Zeitverlauf, auf den Anteil von Frauen und Männern als Autor*innen der Werke, auf die Publikationsorte[13] sowie auf die am häufigsten verwendeten Wörter in den Titel.
[12]In einem zweiten Schritt nahm ein Fachkollege, der Sozial- und Kulturanthropologe Prof. Dr. Thomas Stodulka (FU Berlin), eine engere Auswahl von 103 Titeln aus dieser ersten Auswahl vor. Hier wurden ausschließlich Monografien ausgewählt, die als wissenschaftlich relevant im Sinne ihrer diskursbildenden Geltung angesehen wurden. Die Anzahl der ausgewählten Werke wurde proportional ins Verhältnis zur ersten Auswahl von 1.750 Titeln gesetzt (Anzahl Titel pro Jahrzehnt, Anteil Frauen/Männer als Autor*innen, Publikationsorte).
[13]Diese Auswahl von 103 Ethnografien deckt den Zeitraum von 1839 (Publikation von Darwins Voyage of the Beagle) bis 2014 ab und umfasst 26 von weiblichen und 77 von männlichen Autor*innen publizierte Titel. 32 der Titel wurden in Europa, 71 von ihnen in den USA publiziert,[14] neun in französischer Sprache, alle weiteren in englischer. Im Rahmen der darauffolgenden Datenerhebung wurden die Erstausgaben der Texte begutachtet, um die jeweils zeitgenössische Darstellung in der Originalsprache erfassen zu können. Erhoben wurden in einer Tabelle Werte für die Paratexte:
- Titel
- Untertitel
- Verlagsort
- Erscheinungsjahr
- Widmung
- Motto
- Danksagung
- Vorwort
- Einführung
- Zwischentitel
- Anmerkungen
- Nachwort
- Anhänge
- Bibliografie
- Inhaltsverzeichnis
- Index
- Glossar
- Illustrationen
- verlegerische Epitexte
[14]sowie die textinternen Merkmale
- Erzählposition
- Homo- bzw. Heterodiegese
- hervorgehobene Zitate
[15]Die Paratexte Vorworte wurden in allografe (von fremder Hand) und auktoriale differenziert, Anmerkungen in Fuß- und Endnoten unterschieden, Illustrationen nach Farb- und Schwarzweißbildern sowie Portraits von Autor*innen, Karten, Schaubilder, Tabellen und Zeichnungen getrennt, verlegerische Epitexte in Einführungen ins Werk, Autor*innenkurzbiografien, Listen weiterer Werke der Autor*innen und Blurbs differenziert. Da sich die Forschungsfragen auf das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Objektivität und reflektierter Subjektivität in der Textsorte Ethnografie richteten, erschien es sinnvoll, auch die in den Texten verwendeten Erzählpositionen zu erfassen, d.h. aufzuzeichnen, ob beispielsweise ein unpersönlich-auktorialer Erzähler oder ein autobiografischer Ich-Erzähler verwendet wurde. Strenggenommen stellen diese Erzählperspektiven zwar keinen Paratext dar, sondern eine Eigenschaft des Haupttextes; es stand aber zu überprüfen, inwiefern diese Erzählpositionen mit dem Einsatz von Paratexten korrelieren, etwa durch den Verzicht auf einen umfangreichen Anmerkungsapparat in einem stark autobiografischen Text. Die Erzählpositionen wurden nach ihrem ontologischen Status differenziert. Bei den Zitaten, ebenfalls einem textinternen Signal, wurden lediglich im Text hervorgehobene Zitate sowie ihre Häufigkeit erfasst. In einem optionalen Feld wurden Besonderheiten der Textgestalt wie etwa die Wiedergabe direkter Rede oder von Dialogen verzeichnet.
[16]Den zweiten Arbeitsschritt nach der Erfassung der Daten bildete ihre Umwandlung in Zahlenwerte, die die Grundlage der quantifizierenden Auswertung bilden. Insbesondere dieser Arbeitsschritt zeigt die Schwierigkeiten, Schwächen und Fallstricke auf, denen sich eine quantifizierende Analyse von Paratexten zu stellen hat. Bei einer ganzen Reihe von Paratexten (Widmung, Motto, Danksagung, allografe und auktoriale Vorworte, Einführung, Zwischentitel, Inhaltsverzeichnis, Nachwort, die Klappentexte Einführung ins Werk, Autor*innenkurzbiographie, Blurbs, Listen weiterer Titel des*der Autors*in sowie Fotografie der Autor*innen) wurde lediglich ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein registriert, denn hier erschien eine Quantifizierung – d. h. die Ermittlung ihres Umfangs im Verhältnis zum Gesamttext – nicht sinnvoll. Um ein Beispiel zu nennen: Selbstverständlich lässt sich der Umfang einer Danksagung ermitteln und ihr proportionaler Anteil am Gesamttext errechnen; es stellt sich aber die Frage, welche Aussage auf dieser Grundlage getroffen werden kann und welchen Stellenwert diese Aussage bei der Interpretation der Ergebnisse haben könnte. Um Darstellungskonventionen zu ermitteln, genügt jedoch zunächst einmal die Aufzeichnung ihres Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins. Alternativ soll hier eine weitere Möglichkeit vorgeschlagen werden, der indes in der vorliegenden Studie nicht nachgegangen wurde: Die Danksagungen kartieren das persönliche Netzwerk der Autor*innen und bilden damit eine hervorragende Grundlage für wissenschaftssoziologische Studien sowie die Vernetzung der Autor*innen untereinander. Vergleichbar verhält es sich mit den Vorworten. Sie sind im Kontext der vorliegenden Studie vor allem dann interessant, wenn sie nicht von den Autor*innnen selbst stammen: Ein allografes Vorwort wird häufig von einer Autorität im Wissenschaftsfeld verfasst und dient der Konsekration der meist noch nicht mit hohem Sozialkapital ausgestatteten Autor*innen, oder es stammt von der Herausgeber*in der Reihe, in der die Monografie publiziert wurde. Da das relative Gewicht in der Unterscheidung zwischen einem Vorwort, das von einer Wissenschaftsautorität verfasst wurde, und einem Vorwort, das von Reihenherausgeber*innen in häufig standardisierter Form geschrieben wurde, nicht adäquat quantifiziert werden kann,[15] und da sich unter den 103 erfassten Titeln nur 17 allografe Vorworte fanden und für die Interpretation leicht auf die Rohdaten zurückgegangen werden konnte, wurde auf die Zuweisung einer Gewichtung zu den Vorworten verzichtet.
[17]Bei anderen Daten erschien die Quantifizierung jedoch sinnvoll: Die Umfänge von Appendizes, der Bibliografie, des Index, des Glossars oder der unterschiedlichen Illustrationen (Anzahl von Bildern, Karten, Schaubildern, Tabellen, Zeichnungen) sowie ihr proportionaler Anteil am Gesamttext lassen sich leicht ermitteln (Anzahl Seiten des Paratexts pro Gesamtzahl an Seiten bzw. Anzahl von Illustrationen) und diese Werte stützen als Aussage die Interpretation. So annonciert z. B. eine sehr umfangreiche Bibliografie, dass es sich bei der Monografie um eine Metastudie handelt. Nicht einfach zu ermitteln hingegen sind die Umfänge von Anmerkungen. Hier stellte sich die Vielfalt der Präsentationsoptionen einer einfachen Quantifizierung entgegen: In den erfassten Werken wurden Endnoten meist in einem eigenen Abschnitt am Ende des Buches zusammengefasst; damit ließe sich ihre Seitenzahl bzw. ihr relativer Anteil am Haupttext einfach bestimmen. Bei Fußnoten hingegen läge der sinnvollste quantifizierende Zugang in der Ermittlung ihrer Zeichenzahl, die ins Verhältnis zur Zeichenzahl des Haupttextes gesetzt werden könnte. Dieser Zugang stellt sich jedoch einer pragmatischen und effizienten Herangehensweise entgegen: Der Großteil der untersuchten Ethnografien wurden im 20. Jahrhundert publiziert und liegt ausschließlich in gedruckter Form vor, so dass die Zeichenzahl der Fußnoten nicht schnell zu ermitteln ist. Noch komplexer verhält es sich, wenn in einem Text sowohl Fuß- als auch Endnoten verwendet werden. Auch hier läge es nahe, ihren Anteil am Haupttext über die Zeichenzahl zu bestimmen, was wiederum erfordern würde, auch die Zeichenzahl der Endnoten zu ermitteln und nicht die Textfläche, die sie belegen. Solcherlei quantifizierende Bestimmungen werden einfacher möglich sein, wenn alle Texte digital vorliegen und daher die Zeichenzahl schnell erfasst werden kann; für die vorliegende Studie hingegen wurde pragmatisch die Anzahl von Fuß- oder Endnoten pro Seite bestimmt. Dieses Verfahren ist einfach durchzuführen, indem die absoluten Zahlen der Fuß- bzw. Endnoten ermittelt werden und mit der Anzahl der Seiten des Haupttextes relationiert werden. Für die Auswertung wurde daher ein Quotient (Anzahl Fuß- bzw. Endnote pro Seite) errechnet und der sich daraus ergebende Prozentwert verwendet. Diese Normalisierung wurde nicht nur für die Anmerkungen vorgenommen, sondern überall da, wo quantitative Werte erhoben wurden, z.B. beim Umfang der Anhänge, der Anzahl von Bildern, Schaubildern, Tabellen usf.
[18]Vergleichbare Schwierigkeiten ergaben sich auch bei den textinternen Signalen. Hier zeigte sich einerseits, dass die in der Literaturtheorie von Genette etablierten Relationen von Autor*in, Erzähler und Person sowie die Unterscheidung von homodiegetischer und heterodiegetischer Ebene zwar hilfreich sind, andererseits sind sie in der Praxis aber nicht einfach operationalisierbar, denn häufig werden in den hier untersuchten Texten nicht nur eine, sondern mehrere Erzählpositionen verwendet. In der Einleitung wird etwa oft ein autobiografischer Ich-Erzähler verwendet, während in anderen Textteilen (z. B. einzelnen Kapiteln) heterodiegetisch erzählt wird, z. B. auktorial. Auch hier stellt sich die Frage, ob und wie der relative Anteil einer Erzählposition im Verhältnis zum Gesamttext ermittelt werden kann, eine Problemstellung, zu der es in der Literaturtheorie bislang keine Antworten gibt.
[19]Daher wurde auch hier pragmatisch verfahren, indem die im Untersuchungskorpus verwendeten Erzählpositionen typisiert und die ontologisch strengsten Positionen dem Gesamttext zugewiesen wurden. Insgesamt kommen im untersuchten Textkorpus vier unterschiedliche Typen von Erzählern zum Einsatz: In zwei Texten fanden sich fiktive Ich-Erzähler;[16] vier weitere Texte arbeiteten mit einem auktorialen Erzähler, der nicht mit einem Personalpronomen im Text verortet werden kann. Der größte Teil der Texte (67 Werke) operiert mit einem autobiografischen Ich-Erzähler, d. h. das Personalpronomen wird von Tätigkeitsverben (»ich sagte«, »ich ging«, »ich fragte«) begleitet; der Erzähler wird so in Interaktion mit seiner Umwelt gezeigt. Dies trifft zwar häufig nur für einen Teil der Textfläche zu, dennoch kann man mit recht argumentieren, dass diese homodiegetische Erzählinstanz auch als diejenige angesehen kann, die für den Gesamttext bestimmend ist. Die zweitgrößte Gruppe von Texten (30 Werke) setzt eine Erzählposition ein, die hier summarisch als pluralis auctoris bezeichnet wird. Es wird entweder ein »Wir« oder ein »Ich« benutzt, um den Erzähler zu identifizieren und er leitet die Leser durch den Text, bleibt im Gegensatz zum homodiegetischen autobiografischen Ich-Erzähler dabei aber nur heterodiegetisch an der Textoberfläche, d. h. er ist nicht Teil der erzählten Welt (»Wie wir eben gesehen haben«, »ich folgere daraus«, »ich möchte nun in meiner Argumentation voranschreiten« usf.). Diese letztere Erzählposition weist eine hohe Variabilität auf: Sie kann die Ergebnisse der Untersuchung mit den Leser*innen vergemeinschaften (»wir sehen nun, dass«) oder den*die Leser*in direkt ansprechen (»ich hoffe, es ist klar geworden«). Wie aus den untersuchten Texten deutlich wurde, bietet diese Erzählposition den Autor*innen eine hohe Flexibilität und einen großen Gestaltungsspielraum. So weitet etwa Bronislaw Malinowski diese Erzählsituation auf ein erlebendes »Wir« aus; wie in einer Kamerafahrt führt er die Leser*innen an den Schauplatz des Dargestellten: »We pass several villages«, »As we stand on the wide central space«, »let us imagine that we are taking a bird’s-eye view of a native village, and are trying to form a compound moving picture of the life of the community«.[17] Ruth Benedict hingegen dehnt den pluralis auctoris hin zu einer nationalen Gemeinschaft: »Would our army have to prepare to fight, when we were winning, Our country was not devastated«.[18] Für die Auswertung wurde dann jeweils nur noch einer der vier verwendeten Typen von Erzählern notiert – entweder fiktiver Ich-Erzähler, autobiografischer Ich-Erzähler, auktorialer Erzähler oder pluralis auctoris. Mit anderen Worten: Wo also ein autobiografischer Ich-Erzähler in einer Gemengelage mit einem pluralis auctoris oder aber mit einem auktorialen Erzähler verwendet wird, wurde dem Text die Erzählposition ›autobiografischer Ich-Erzähler‹ zugewiesen, weist sie doch streng auf die Identität von Autor*in und Erzähler hin. Hier zeigt sich einmal mehr die Notwendigkeit, Erkenntnisse der Literaturtheorie in der Praxis anzuwenden und zu überprüfen, gegebenenfalls zu modifizieren und zu differenzieren und schließlich einer Operationalisierung wie im vorliegenden Fall zugänglich zu machen.
[20]Schließlich die hervorgehobenen Zitate. Dass sie überhaupt erfasst wurden, geht auf den gedachten Leser der Einführung zurück: Ein Leser, der ein Buch in die Hand nimmt, identifiziert im Sinne seines Alltagswissens ein wissenschaftliches Buch vor allem anhand der ihm ins Auge springenden hervorgehobenen Zitate, an den Fuß- und Endnoten sowie den Anhängen. Daher wurden alle Zitate – obwohl sie als textinterne Signale und nicht als Paratexte gelten – erfasst, wenn sie etwa durch Kursivierung, Einrückung, einen kleineren Schriftsatz und engeren Zeilenabstand vom Haupttext abgehoben wurden. Ebenso wie bei den Anmerkungen lassen sich hier Überlegungen anstellen, wie diese Zitate quantifiziert werden sollen: Nach Anzahl der Zeichen, nach belegter Textfläche oder nach Häufigkeit in Relation zum Haupttext. Wie auch bei den Anmerkungen wurde die Entscheidung hier pragmatisch vorgenommen: Quantifiziert wurden diese Zitate, indem ihre absolute Zahl erfasst und ins Verhältnis zum Haupttext gesetzt wurde. Dabei wurden drei Intensitäten unterschieden:
- Hohe Intensität (hervorgehobenes Zitat jede bis jede zweite Seite)
- Mittlere Intensität (Zitat jede dritte bis vierte Seite)
- Geringe Intensität (Zitate auf jeder fünften Seite oder weniger).
4. Das wissenschaftliche Selbst im Wandel: Eine sehr kurze Geschichte
ethnologischer Objektivität
[21]In der nachfolgenden Interpretation der erhobenen Daten wird nicht nur den Leitfragen nach Darstellungskonventionen, der formativen Wirkung von Gattungsprogrammen und den Rahmenbedingungen für Objektivität und Subjektivität nachgegangen, wie sie oben am Beginn des Abschnitts zur Methodologie formuliert wurden. Bereits während der Erfassung der 103 Ethnografien tauchten darüber hinaus spezifischere Fragen auf:
- Können unterschiedliche Gruppen von Texten anhand der verwendeten Paratexte voneinander abgegrenzt werden?
- Welche Schlüsse können auf der Grundlage des untersuchten Korpus von Ethnografien auf die Entwicklung ethnografischen Schreibens im Zeitverlauf getroffen werden?
- Welche Aussagen sind im Hinblick auf Plausibilisierungsstrategien und die Abweichung von Konventionen möglich?
[22]Für die Auswertung und Interpretation der erfassten Daten wurden jene Werte verwendet, deren Umwandlung in numerische Zahlen oben im methodologischen Teil beschrieben wurde. Diese Daten liegen in Tabellenform vor[19] und bilden die Grundlage der nachfolgend verwendeten Visualisierungen. In einem ersten Schritt wurden die erhobenen Werte einem Clustering unterzogen, um festzustellen, ob sich aus der Kombination der Paratexte typische Muster ergeben und sich auf dieser Grundlage die Texte zu Gruppen zusammenfassen lassen, die im Hinblick auf die betrachteten Merkmale als möglichst homogen zu bezeichnen sind. Diese explorativen Analysen wurden zunächst mit der statistischen Software R durchgeführt und die Ergebnisse als Dendrogramme visualisiert (vgl. Datenpublikation). Die Herausforderung bei gängigen Clusteringverfahren liegt aber – gerade wenn es um die Analyse einer größeren Menge von Untersuchungsobjekten geht – in der Interpretation der Ergebnisse des Clusterings: Zwar liefert die Gruppenbildung eine grobe Orientierung, nicht selten aber sind die durch den Clusteringalgorithmus errechneten Zuweisungen einzelner Objekte zu einer Gruppe nicht nachvollziehbar oder nur den Analysten verständlich, die ohnehin mit den einzelnen Texten und ihren Merkmalen vertraut sind. Nach der iterativen Exploration der Gruppierungen auf Grundlage der numerischen Werte wurde daher in einem zweiten Schritt ein Clustering der Texte vorgenommen, das die Zahlenwerte grafisch veranschaulicht und daher auch für Leser*innen nachvollziehbar macht, die die einzelnen Texte nicht selbst kennen. Dieses Clustering wurde mit dem freien Werkzeug Bertifier[20] vorgenommen, das zwei Funktionen miteinander kombiniert: Zum einen fasst es Datensätze mit ähnlichen Werten zusammen und gruppiert sie, wobei Datensätze, die weit außerhalb der für eine Gruppe von Datensätzen typischen Werte liegen, in den Übergangsbereichen zwischen den Gruppen angeordnet werden. Darüber hinaus ermöglicht das Werkzeug eine Gewichtung einzelner Datenreihen, um etwa die besondere Bedeutung von Zitaten und Anmerkungen hervorheben zu können. Zum anderen können mit diesem Werkzeug numerische Werte in visuelle Zeichen (etwa Punkte und Balken) umgewandelt werden, um die Auswertung grafisch zu erleichtern und Gruppen klarer voneinander abzugrenzen. Insgesamt ermöglicht Bertifier also das zielgerichtete Editieren der Ergebnisse von Gruppenbildungsverfahren, wobei die zugrunde liegenden Werte visuell verfügbar und damit, anders als bei errechneten Clustern, nachvollziehbar bleiben.
[23]In der nachfolgenden Grafik (Abbildung 4), die mit Bertifier erzeugt wurde, werden die Paratexte in Spalten dargestellt, jeder einzelne Titel bildet eine Zeile. Weiße Punkte veranschaulichen das Vorhandensein eines Paratexts, schwarze Flächen sein Nichtvorhandensein. Balken hingegen wurden für die quantifizierten Werte verwendet. Die Größe eines Balkens veranschaulicht dabei die erhobenen Quantitäten. Insgesamt verdeutlicht die Grafik das Ergebnis des Clusterings und erlaubt die Abgrenzung von drei Gruppen von Texten.
[24]Im oberen Teil der Grafik finden sich jene Werke, bei denen die objektivierenden Paratexte (insbesondere Zitate und Anmerkungen, aber auch Bibliografien, Glossare und Indizes) am umfangreichsten sind; sie treten durch die weißen Flächen deutlich hervor. Im unteren Teil der Grafik werden jene Texte erkennbar, die über nur wenige Paratexte verfügen und deren Quantität gering ist. Um die Lesbarkeit der Grafik zu erhöhen, wurden die Erzählpositionen hinzugefügt und durch einen weißen Rahmen voneinander abgegrenzt; es sind dies von oben nach unten pluralis auctoris, auktorialer Erzähler, autobiografischer Ich-Erzähler und fiktiver Ich-Erzähler.
[25]In der Grafik lassen sich drei Gruppen von Texten unterscheiden:
- Oben in der Grafik finden sich jene Texte, die durch die Verwendung eines pluralis auctoris oder eines auktorialen Erzählers sowie durch die Proliferation von objektivierenden Paratexten (insbesondere Zitate und Anmerkungen, aber auch Bibliografien, Glossare und Indizes) leicht als wissenschaftliche Monografien erkennbar sind.
- Unten in der Tabelle findet sich eine Gruppe von Texten, die auf Paratexte weitgehend verzichten: Hier sind die beiden Werke zu finden, in denen der fiktive Ich-Erzähler zum Einsatz kommt und damit eine romanhafte Darstellung gewählt wird, sowie eine ganze Reihe von Texten, in denen ein autobiografischer Ich-Erzähler verwendet und zugleich weitgehend auf den wissenschaftlichen Verweisapparat verzichtet wird.
- Zwischen diesen beiden Textgruppen findet sich eine dritte Gruppe von Werken, in denen aus der Perspektive eines autobiografischen Ich-Erzählers berichtet wird und die zwar über die typisch wissenschaftlichen Fuß- oder Endnoten verfügen, in denen objektivierende Paratexte wie hervorgehobene Zitate aber gänzlich fehlen und Bibliografien, Glossare und Indizes selten verwendet werden. Diese Gruppe von Texten bindet das anthropologische Forschersubjekt, das aus der Ich-Perspektive erzählt, gewissermaßen in einen konventionellen wissenschaftlichen Apparat ein und distanziert sich durch das paratextuelle Erscheinungsbild deutlich von den Darstellungskonventionen der Autobiografie.
[26]Die Grafik veranschaulicht damit zwei Aussagen, die für das Gesamtkorpus charakteristisch sind: Zum einen ordnet sie die einzelnen Texte in ein Spannungsfeld ein, das ganz wesentlich durch wissenschaftlich-objektivierende Paratexte wie Zitate, Anmerkungen, Anhänge, Indizes und Glossare gebildet wird: Oben in der Grafik finden sich Texte, die einen pluralis auctoris verwenden und in denen die objektivierenden Paratexte dominieren; unten in der Grafik hingegen finden sich Texte mit einem autobiografischen oder fiktiven Ich-Erzähler und wenigen objektivierenden Paratexten. Vorworte, Widmungen, Danksagungen, Einführungen usf. hingegen scheinen keine hohe Distinktionskraft zu besitzen. Zum anderen veranschaulicht die Grafik eine zweite Aussage, nämlich die, dass sich der eben beschriebene zentrale Gegensatz im Textkorpus (d.h. die Ausdifferenzierung durch objektivierende Paratexte) innerhalb jeder durch die Erzählposition zusammengefassten Textmenge wiederfindet. So wird insgesamt der fließende Übergang im untersuchten Korpus zwischen der wissenschaftlichen Monografie und der Autobiografie deutlich.
[27]Während diese Grafik einen ersten Überblick über das gesamte Korpus zulässt, erlaubt sie keine Aussagen über mögliche Entwicklungen im Zeitverlauf. Um diese in den Blick zu nehmen, wurde auf der Grundlage der erfassten Werte eine Reihe von Histogrammen erstellt, wobei das erfasste Textkorpus nach Dekaden zusammengefasst wurde. Drei einzelne Werke, die bereits im 19. Jahrhundert erschienen, wurden den Histogrammen ebenfalls hinzugefügt.[21] Die nachfolgenden beiden Histogramme (Abbildung 5 und Abbildung 6) stellen objektivierende (Anmerkungen, Bibliografie, Indizes und Glossare) und subjektivierende Paratexte (Widmungen, Danksagungen, Portraitfotos der Autor*innen, Kurzbiografien) einander im Zeitverlauf gegenüber.
[28]Hier können folgende Aussagen getroffen werden: Wissenschaftliche Paratexte wie Anmerkungen und Indizes sind schon früh in den Texten präsent, Glossare und Bibliografien kommen hingegen erst ab den 1920er bzw. 1940er Jahren hinzu. Bei den subjektivierenden Paratexten sind Widmungen schon früh vorhanden, Danksagungen kommen erst ab den 1920er Jahren hinzu und sie gewinnen im Zeitverlauf relativ an Gewicht, d. h. sie kommen im Verhältnis in mehr Texten vor. Kurzbiografien der Autor*innen als Teil des Klappentextes oder im Buch selbst sind erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts üblich, Portraitbilder von Autor*innen erst ab den 1970er Jahren.[22] Es ist durchaus bemerkenswert, dass Fotografien, auf denen auch die Autor*in des Buches abgebildet ist, im Bildteil von nur zehn Texten vorhanden sind.[23] Vor allem an der deutlichen Zunahme von Danksagungen (»Acknowledgments«, einer typisch angelsächsischen Konvention), wird damit insgesamt eine relative Zunahme von subjektivierenden Paratexten gegenüber den objektivierenden erkennbar. Abbildung 6 zeigt durch Farbflächen für Portraitbilder, Autorenkurzbiografien, Danksagungen und Widmung jeweils die An- und Abwesenheit eines solchen Paratexts an; die farbigen Balken auf der rechten Seite summieren diese Paratexte dekadenweise. Diese Visualisierung beruht auf den absoluten Werten, d.h. auf der An- oder Abwesenheit eines solchen Paratexts, und sie vermittelt dem menschlichen Auge die Zunahme subjektivierender Paratexte im Zeitverlauf über ein Mehr an farbigen Feldern und ein Weniger an weißen Flächen. Diese grafische Aussage kann durch die numerischen Werte ergänzt werden, die es erlauben, die Anzahl subjektivierender Paratexte ins Verhältnis zur Anzahl der untersuchten Werke pro Dekade zu setzen, d.h. eine Normalisierung durchzuführen. Wie Abbildung 6 zeigt, kamen in den 1930er Jahren neun subjektivierende Paratexte in sechs Werken zum Einsatz; in diesen sechs Werken wären insgesamt 24 dieser Paratexte möglich gewesen, so dass lediglich 25 % realisiert wurden. In den 1970er Jahren hingegen wurden 16 von 36 möglichen subjektivierenden Paratexten oder 44 % realisiert, in den 1990er Jahren gar 52 von 92 möglichen Paratexten oder 56 %. So kann die relative Zunahme von subjektivierenden Paratexten im Zeitverlauf nachvollzogen werden.
[29]Diese Verschiebung wird noch deutlicher, wenn man den Einsatz von Vorworten der Verwendung von Danksagungen gegenüberstellt. In der folgenden Grafik (Abbildung 7) werden verwendete Vorworte und Danksagungen zusammengefasst, wobei Vorworte von fremder Hand, d. h. nicht von dem*der Autor*in selbst (allografe Vorwörter), extra ausgewiesen werden.
[30]Hier zeigt sich nicht nur die relative Abnahme von Vorworten und die relative Zunahme von Danksagungen im Verhältnis zur Gesamtzahl der publizierten Titel, sondern auch ein Funktionswandel: Die allografen Vorwörter verlieren nämlich im Zeitverlauf sehr stark an relativem Gewicht. Ihre Aufgabe – die Konsekration neuer Autor*innen durch eine Autorität im Feld – wird ganz offensichtlich obsolet.[24] Sie wird durch eine andere Funktion abgelöst: Die Beschreibung des persönlichen Netzwerks der Autor*innen, die in der Danksagung vorgeführt wird.
[31]Fasst man die beiden eben getroffenen Hauptaussagen ›Übergang zur Autobiografie‹ und ›Verschiebung hin zu subjektivierenden Paratexten‹ zusammen, so deutet sich insgesamt ein Wandel der Darstellungen hin zu einem anderen Objektivitätsverständnis an, das in der Integration individueller Wahrnehmungen und der Mitwirkung der eigenen Person am Forschungsprozess greifbar wird.[25] Anhand der in dieser Studie erfassten Merkmale kann dieser Übergang im Zeitverlauf vor allem an der Entwicklung der von den Autor*innen verwendeten Erzählpositionen und dem Einfügen von Kurzbiografien und Blurbs durch die Verlage abgelesen werden. Die folgende Grafik (Abbildung 8) fasst die erhobenen Werte zusammen.
[32]Hier wird zunächst einmal deutlich, dass die als pluralis auctoris zusammengefasste Erzählposition im Zeitverlauf stark an relativem Gewicht verliert, während der autobiografische Ich-Erzähler an relativem Gewicht zunimmt – gemessen an der Gesamtzahl der publizierten Titel pro Dekade. In den 1960er Jahren verwenden 55 % aller Texte einen pluralis auctoris, in den 1970ern sind es 33 %, in den 1990ern 26 %. Im Gegensatz dazu findet sich in den 1960er Jahren in 45 % aller Texte ein autobiografischer Ich-Erzähler, in den 1970ern in 66 %, in den 1990ern in 65 %. Bei aller Vorsicht, die bei globalen Aussagen vor dem Hintergrund von nur 103 erfassten Texten geboten ist, wird daraus der Wandel der Darstellung des wissenschaftlichen Subjekts und damit der Wandel des Objektivitätsverständnisses in der Ethnologie greifbar: Während nämlich ein auktorialer Erzähler oder eine Erzählposition, die nur an der Textoberfläche agiert, qua Erzählsituation die Darstellung individueller Wahrnehmungen und die Präsentation der Interaktion zwischen Forscher und Erforschten minimiert, eröffnet erst ein autobiografischer Ich-Erzähler diese Optionen. Potenziell eröffnet sich mit einer solchen Erzählposition die Möglichkeit, eigene Emotionen und Empfindungen zu thematisieren und von der Präsentation eines passiven Beobachter*innensubjekts zur Darstellung einer aktiven, interagierenden Forscherpersönlichkeit zu wechseln, welche die wissenschaftliche Urteilsfindung als Ergebnis eines interaktiven Prozesses referiert. Stellt man diese Konjunktur des autobiografischen Ich-Erzählers in den Kontext der ethnologischen Writing Culture-Debatte,[26] in der die Forderung erhoben wurde, dass sowohl die Stimmen der beforschten Subjekte als auch die der Forscher*innen zum Ausdruck kommen sollen, dann wird der Übergang zu einer ›dialogischen‹ oder ›polyphonen‹ Ethnografie insbesondere seit den 1980er Jahren nachvollziehbar.
[33]Ein wissenschaftlicher Autor, der sich in seinem Text in Interaktion mit seiner Umgebung zeigt – und insbesondere in Interaktion mit seinem Untersuchungsobjekt, den Menschen und ihrem Verhalten, das er analysiert –, bedarf ganz offensichtlich aber auch einer Absicherung durch eine Instanz, die ›von außen‹ kommt und ihn als Erzähler legitimiert. Dies ist die Funktion der Kurzbiografien und Blurbs, die die Verlage einfügen, und die die Autor*innen als Anthropolog*innen bzw. Ethnolog*innen ausweisen sowie die wissenschaftliche Institution nennen, in deren Kontext die Studie entstanden ist. So gesehen wird nachvollziehbar, warum der relative Anteil von Kurzbiografien und Blurbs im Klappentext oder im Haupttext selbst im Zeitverlauf zunimmt. Die Verlage übernehmen damit eine zentrale Funktion in der Plausibilisierung des Dargestellten und für die Abgrenzung gegenüber der Autobiografie.
[34]Diese These wird erhärtet durch eine Beobachtung, die am Untersuchungsmaterial gemacht werden konnte, die sich aber einer einfachen Quantifizierung entzieht. Bei der Erfassung der hervorgehobenen Zitate und ihrer Nachweise trat nämlich hervor, dass zwar häufig Informant*innen wörtlich zitiert wurden und deren Aussagen nicht selten auch in direkter Rede oder sogar in Dialogform wiedergegeben wurden. En détail belegt werden diese Zitationen aber zumeist nicht, und häufig fehlt in den Ethnografien auch ein pauschaler Hinweis auf die »field notes«, die während der Studie vor Ort niedergeschrieben wurden, oder der Hinweis auf Tonbandaufnahmen oder gar Videointerviews.[27] Selbst wo auf diese Rohdaten verwiesen wird, haben der*die Leser*in oder Wissenschaftler*in keinen Zugriff auf sie. Es wurde nämlich kein einziger Nachweis ausfindig gemacht, in dem formuliert wurde, dass die »field« notes in einer Bibliothek oder einem Archiv deponiert wurden, um möglicherweise nachfolgenden Generationen von Forscher*innen als Vergleichsmaterial oder Studienobjekt dienen zu können.
[35]Textpragmatisch gesprochen haben die Leser*innen solcher Studien gar keine andere Wahl, als dem*der Autor*in zu vertrauen, dass diese ihre Informant*innen wahrhaftig und aufrichtig zitieren und dass die durch die Autor*innen im Feld gemachten Beobachtungen glaubwürdig sind. Daher lässt sich hier von einer Analogie zu dem von Philippe Lejeune formulierten autobiografischen Pakt sprechen.[28] Lejeune macht in seinem einschlägigen Werk deutlich, dass bei aller Wahrscheinlichkeit der Referenz und aller Sicherheit der Authentizität des*der Autors*in die Faktualität des Genres Autobiografie nur aus einer Behauptung des Textes abgeleitet werden kann, nämlich dass Autor*in, Erzähler und Protagonist*in identisch und die geschilderten Ereignisse wahr seien. Der autobiografische Pakt beruht auf der Bereitschaft der Leser*innen, dieser Behauptung Glauben zu schenken und somit dem Text einen faktualen Status zuzuschreiben. Analog lässt sich hier daher von einem ethnografischen Pakt sprechen, den Autor*innen und Leser*innen einer Ethnografie schließen – mit dem entscheidenden Unterschied, dass es eben die Verlage sind, die über ihr symbolisches Kapital als Wissenschaftsverlage und über die Objektivierung des*der Autor*in als Wissenschaftler*innen in einer biografischen Kurznotiz Glaubwürdigkeit stiften und diese in Blurbs bekräftigen, die von externen Autoritäten wie Wissenschaftler*innen oder Journalist*innen verfasst wurden. Es folgt also einer Binnenlogik wissenschaftlichen Publizierens, wenn Ethnografien, die in Richtung Autobiografie tendieren, durch die Beglaubigung der Wahrhaftigkeit des Dargestellten vermittels textexterner Instanzen abgesichert werden. Und so wird auch nachvollziehbar, dass die Funktion der Glaubwürdigkeitserzeugung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den Autor*innen allografer Vorworte hin zu den Wissenschaftsverlagen wechselt, die über Autor*innenbiografien, Blurbs und Angaben im Impressum (»nonfiction«) eine Abgrenzung gegenüber Autobiografien und Fiktionen leisten.
[36]Dass die Entwicklung in Richtung ›autobiografischen‹ Schreibens eine Abkehr von den tradierten Darstellungskonventionen bedeutete, zeigt eine genauere Betrachtung einiger weniger ausgewählter Werke aus dem untersuchten Korpus. Als Laura Bohannan 1954 ihr Buch Return to Laughter publizierte, wählte sie für die Veröffentlichung das Pseudonym »Eleonore Smith Bowen«. In einer vorangestellten und mit dem Pseudonym signierten »Note« führt sie die Leser*innen über den Status des Textes ein: »All the characters in this book, except myself, are fictitious in the fullest meaning of that word. [...] When I write as a social anthropologist and within the canons of that discipline, I write under another name«. Diese Aussage befremdet, lässt sie doch den ontologischen Status des Buches im Unklaren – ein Pseudonym stellt bereits eine Fiktionalisierung dar, mithin muss auch die Erzählerin fiktiv sein und wurde daher auch als »fiktive Ich-Erzählerin« kategorisiert. Dennoch verdeutlicht die »Note«, worauf es Bohannan ankommt: »Here I have written simply as a human being, and the truth I have tried to tell concerns the seachange in one’s self that comes from immersion in another and alien world«.[29] Es geht also um die Mitteilung einer Wahrheit, die jenseits wissenschaftlicher Wahrheit liegt, mithin einer Wahrheit der Fiktion. Offensichtlich wählte Bohannan die Form einer fiktiven Autobiografie, um den zeitgenössischen Konventionen der Ethnografie zu entkommen; anscheinend sah sie damals keine andere darstellerische Möglichkeit, um der »Wahrheit«, um die es ihr geht, zum Ausdruck zu verhelfen.
[37]Colin Turnbull hingegen schien 1961 für die Publikation des Buches The Forest People keinen Anlass für eine Rechtfertigung seiner Darstellungsweise zu sehen. An diesem Werk tritt zunächst der Verzicht auf fast den gesamten Wissenschaftsapparat hervor. Das Buch enthält zwar eine Widmung und eine Danksagung, aber lediglich vier Fußnoten auf 279 Seiten Haupttext. Ein Glossar von fünf Seiten, 3 Karten und 12 Schwarzweißfotos sind vorhanden, Anhänge, Bibliografie, Inhaltsverzeichnis, und Index fehlen völlig. Ein autobiografischer Ich-Erzähler – textextern abgesichert durch eine biografische Notiz zum Autor auf den letzten Seiten des Buches – berichtet über seine Erlebnisse mit den Pygmäen in Ruanda und Burundi, wobei seine Informant*innen häufiger in direkter Rede wiedergegeben werden.[30] Den Erinnerungen von Michael Korda, Turnbulls Lektor und Verleger bei dem New Yorker Verlag Simon & Schuster lässt sich entnehmen, dass Turnbull und Korda zusammen in Oxford studiert hatten und diese persönliche Verbindung ganz offensichtlich die Grundlage für die Publikation einer Ethnografie in einem Publikumsverlag darstellte. Die Tatsache, dass das Buch bis 1999 gedruckt wurde und sich daher einer nachhaltigen Aufmerksamkeit erfreute, vermerkt Korda nicht ohne Stolz.[31]
[38]Korda war als Lektor auch dafür verantwortlich, das Simon & Schuster die Rechte an einer anthropologischen Dissertation erwarb, die in einer Form präsentiert wurde, die kaum von einer Autobiografie zu unterscheiden ist. Carlos Castanedas 1972 publiziertes Werk Journey to Ixtlan. The Lessons of Don Juan verzichtet nahezu vollständig auf Paratexte. Es finden sich lediglich ein Inhaltsverzeichnis und eine achtseitige »Introduction«, in der der Autor – wie in Autobiografien üblich – die Authentizität des Niedergeschriebenen und die Wahrhaftigkeit der Darstellung beglaubigt.[32] Durch die zahlreichen Dialoge, die in diesem Buch wiedergegeben werden, nähert es sich formal allerdings eher dem Roman als einer Autobiografie an; es findet sich kein Hinweis darauf, dass der Autor ein Aufnahmegerät benutzt hat, um seine Konversationen mit Don Juan zu dokumentieren. Gelegentlich finden sich im Text authentifizierende Zeitangaben wie Friday, June 30, 1961[33] oder Wednesday, December 12, 1962.[34] Das Vertrauen der Leser*innen in die Wahrhaftigkeit des Wiedergegebenen wird aber unterminiert, da die jüngste Zeitangabe im Buch zehn Jahre vor der Datumsangabe liegt, mit der die »Introduction« signiert ist. Dennoch wird es nicht zuletzt diese behauptete Authentizität gewesen sein, die die Marktförmigkeit des Werkes garantierte und damit die Grundlage für einen Publikumserfolg bereitstellte: »Our edition of The Teachings of Don Juan, despite a certain skepticism at S&S [Simon & Schuster], pole-vaulted onto the best-seller list, and for the next ten years, Castaneda, in book after book, became a staple in our lives, one of the props on which the success of the new post-Gottlieb S&S rested«.[35]
[39]Während Turnbull und Castaneda deutlich die Konventionen wissenschaftlicher Publikationen ignorieren, bleibt Marjorie Shostaks 1981 publizierte Ethnografie Nisa weitgehend den Traditionen wissenschaftlicher Veröffentlichungen treu. Die Studie enthält eine »Introduction«, einen »Epilogue« und 70 Endnoten auf 371 Seiten Haupttext. Im Endnotenanhang werden zu jedem Kapitel kumulativ bibliografische Hinweise gegeben; ein Glossar und ein Index vervollständigen das Repertoire objektivierender Paratexte. Anders aber als sämtliche Ethnologien im untersuchten Korpus zuvor präsentiert Nisa die Aussagen der Informant*innen nicht als kurze, im Text hervorgehobene Zitate, sondern als Teil des Haupttextes. Der Wechsel von der Stimme der autobiografischen Ich-Erzählerin zur Ich-Erzählung der Informant*innen erfolgt stets im Wechsel. Wie Shostak in der »Introduction« angibt, wurden diese Textteile aus 21 Interviews kompiliert, die auf Tonband aufgezeichnet und anschließend transkribiert und übersetzt wurden.[36] Da diese Aussagen der Informant*innen etwas mehr als die Hälfte des Haupttextes einnehmen (169 von 332 Seiten oder 51%), kann diese Studie im Rahmen des Untersuchungskorpus als erste Ethnografie gelten, die eine »dialogische« Ethnologie praktiziert.
5. Diskussion
[40]Ethnografien als wissenschaftliches Genre, das zwischen wissenschaftlichen Monografien mit einem pluralis auctoris und Autobiografien oszilliert – auf diese Formel lässt sich die Auswertung der erhobenen Daten bringen. Dieses Oszillieren lässt sich als Suche nach einer Darstellung verstehen, die adäquat wiedergibt, dass der*die Ethnologe*in nicht mehr als externe Beobachter*in konzipiert wird, sondern vielmehr als forschende Subjekt, das als mit seiner Umwelt interagierende*r Akteur*in und zugleich als wissenschaftliche*r Beobachter*in verstanden wird. Die Tatsache, dass diese Doppelrolle je später im 20. Jahrhundert, desto häufiger gewählt wird, indiziert einen Wandel im Verständnis ethnologischer Objektivität. Der Spagat, der sich aus der Doppelfunktion der Ethnolog*innen als Akteur*innen und Beobachter*innen ergibt, verdeutlicht dabei zum einen das Korsett tradierter wissenschaftlicher Präsentation bzw. der Darstellungskonventionen, zum anderen verweist er auf die Schwierigkeiten der Darstellung, denen sich die Ethnologie vor allem ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu stellen hatte. So wird nachvollziehbar, warum die Ethnologie eine fachspezifische Debatte zu diesem Thema geführt hat, die unter dem Label Writing Culture ihren Ausdruck fand. Die Inhalte dieser disziplininternen Auseinandersetzung werden anhand der in dieser Studie ausgeführten Erkenntnisse bestätigt und erstmals objektiviert, vor allem anhand des Übergangs zur Autobiografie, der Verschiebung hin zu subjektivierenden Paratexten und der Ablösung von tradierten Darstellungskonventionen.
[41]Die vorliegende Studie konnte mit 103 Ethnografien nur einen kleinen Teil des möglichen Textkorpus in den Blick nehmen. Gleichzeitig hat sie die Herausforderungen aufgezeigt, die sich stellen, wenn ein Korpus untersucht werden soll, das zum großen Teil im 20. Jahrhundert gedruckt wurde, allen voran die Schwierigkeit der Textauswahl und der manuellen Datenerhebung auf der Grundlage der gedruckten Werke. Dennoch konnte diese Pilotstudie auf Basis der getroffenen Textauswahl Hypothesen formulieren, die relevante Einsichten in die Geschichte der Ethnologie vor allem des vergangenen Jahrhunderts liefern. Da bereits zwei weitere Paratextstudien auf der Grundlage anderer Korpora vorliegen, die die Leistungsfähigkeit der Methode unter Beweis stellen,[37] sollen im Folgenden Überlegungen angestellt werden, welche Fragestellungen mit einer Paratextanalyse fruchtbar beantwortet werden können, und Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sich gegebenenfalls der Prozess der Datenerhebung automatisieren lässt.
[42]Wie an den obigen Ausführungen deutlich geworden ist, stellen Paratexte den Übergangsbereich dar, in dem zum einen die Vermittlung der individuellen Textgestaltung durch die Autor*in mit den zeitgenössischen, vor allem durch Verlage geprägten Konventionen vorgenommen wird, zum anderen reflektieren sie die jeweiligen Genremerkmale und lassen die Übergangsbereiche zwischen unterschiedlichen Genres erkennbar werden. Während im vorliegenden Fall die Übergänge zwischen wissenschaftlichen Monografien mit umfangreichem Verweisapparat und autobiografischen Texten deutlich wurden, lassen sich mit der präsentierten Methodik literaturgeschichtlich relevante Fragestellungen beantworten, ohne dabei auf die zeitgenössischen und recht wandelbaren Genrebegriffe zurückgreifen zu müssen.[38] Ertragreich wäre hier beispielsweise eine diachrone Untersuchung der Entdifferenzierung literarischen und geschichtswissenschaftlichen Erzählens in der Phase der Etablierung der historischen Wissenschaften, d. h. etwa von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine weitere mögliche Fragestellung fokussiert auf die Unterscheidung fiktionaler und nichtfiktionaler Texte,[39] beispielsweise auf die Differenzierung zwischen Fiktion und Biografie seit dem Jahr 1700.[40] Die beiden genannten Studien von Piper und Underwood basieren hier bislang ausschließlich auf dem Wortmaterial, das in den Texten verwendet wird. Zu diesen Analysen würde die Untersuchung von Paratexten eine wichtige literatursoziologische Dimension und eine hohe Tiefenschärfe hinzufügen, indem sie die zeitgenössischen Präsentationskonventionen herausarbeitet, ohne sich dabei auf eine Norm stützen zu müssen, die nur zu einer bestimmten Zeit gültig war. Es leuchtet daher ein, dass sich eine solche Untersuchung eher im Bereich der Cultural Analytics befinden würden und weniger im Bereich der Wissenschaftsgeschichte wie die vorliegende Studie.
[43]Die Hinwendung zu literaturgeschichtlichen Fragestellungen eröffnet darüber hinaus die Chance, die Erfassung von Paratexten zu automatisieren und damit die Größe des Untersuchungskorpus bedeutend zu erweitern. Üblicherweise werden nämlich retrodigitalisierte Werke nach dem Scannen einer Optical Character Recognition (OCR) unterzogen und deren Ergebnisse im Standardformat ALTO (Analyzed Layout and Text Object) abgelegt, einem offenen XML-Schema zur Beschreibung von Layoutinformationen digitalisierter Objekte. Im ALTO-XML finden sich nicht nur der erkannte Text, sondern auch Informationen zum Papierformat und zur Position und Größe der erkannten Zeichen. Paratextuelle Informationen wie Titel, Untertitel, Widmung, Motto, Zwischentitel sowie Fuß- und Endnoten können an der Größe des Schriftsatzes sowie ihrer Position auf jeder einzelnen Seite ausgelesen werden.[41] Vor- und Nachworte, Danksagungen, Einführungen, Bibliografien, Indizes und Glossare können durch den Abgleich mit den Inhaltsverzeichnissen identifiziert und ihre Umfänge quantifiziert werden. Die manuell nicht oder nur schätzungsweise zu erfassende Zeichenzahl von Fuß- und Endnoten kann hier korrekt erfasst werden, ebenso wie die Häufigkeit und der Umfang hervorgehobener Zitate im Text. Schließlich kann die Häufigkeit der Personalpronomina »ich« und »wir« sowie ihre Verteilung über den Text hinweg bestimmt und so eine erste Einschätzung im Hinblick auf die verwendeten Erzählpositionen erlangt werden.
[44]Für die Bestimmung der komplexeren textinternen Signale wie Erzählposition und Unterscheidung von Homo- und Heterodiegese sowie ggf. interne Fokalisierung ist die Anwendung von machine-learning-Verfahren denkbar. Hierbei wird ein Teil des Untersuchungskorpus als Ausgangspunkt genommen und wie eben beschrieben die relevanten Daten aus dem ALTO-XML ausgelesen. Darüber hinaus bestimmen zwei menschliche Annotator*innen die Erzählpositionen und nehmen die Unterscheidung von homodiegetischer und heterodiegetischer Ebene vor. Mit den zusammengeführten Daten wird anschließend eine Maschine trainiert, die die gelernten Muster auf bislang ungesehene Werke anwendet. So dürfte sich ein verhältnismäßig kleines Korpus rasch auf mehrere hundert oder tausend Werke erweitern lassen. Da die Beschäftigung menschlicher Annotator*innen klare Richtlinien erfordert, eröffnet sich darüber hinaus die Möglichkeit, einen »shared task« für die Annotation der Genette’schen Konzepte zu entwickeln und so eine automatische Annotation für die Objektbereiche Erzählposition und Homo- und Heterodiegese zu erreichen.[42]
[45]Wo wie eben beschrieben die automatisierte Erfassung größerer Textkorpora realisierbar zu sein scheint, stellt sich die Frage, ob ein Festhalten an der rein numerischen Erfassung der Paratexte sinnvoll ist. Das in der vorliegenden Studie erfasste Korpus von 103 Texten bleibt für diejenigen, die die Werte erheben, noch überschaubar, und die Hypothesenbildung erfolgt zeitgleich mit der Datenerhebung. Größere Textkorpora aber lassen sich auf diese Weise nicht mehr erfassen und überblicken, und insbesondere die Beobachtung von Übergängen zwischen unterschiedlichen Gruppen von Texten wird diffizil. Daher erscheint es geboten, die hier verwendeten, ausschließlich auf numerischen Werten beruhenden Clustering-Verfahren durch Algorithmen zu ergänzen, die in der Lage sind, inhaltliche ebenso wie numerische features auszuwerten. Eine solche Herangehensweise ist beispielsweise in der Lage, textuelle Signale wie etwa charakteristische Authentifizierungsstrategien in Vorworten zu berücksichtigen, und sie kann auf diese Weise maßgeblich zur Einschätzung beizutragen, ob ein Text als fiktional oder nicht-fiktional einzuordnen ist. In der Dramenanalyse hat hier bereits der Einsatz eines Random Forest Classifiers vielversprechende Ergebnisse gezeigt.[43] Während also die auf numerischen Werten beruhende Clusteranalyse die Textgruppen und ihre Übergänge insgesamt in den Blick nimmt, kann der Einsatz eines Random Forest Classifiers dazu beitragen, das Profil einer jeden Textgruppe schärfer herauszuarbeiten.
[46]Insgesamt zeichnet sich damit die Möglichkeit ab, komplexe Modelle zu entwickeln, die in der Lage sind, jene Kulturtechniken zu objektivieren, deren sich der gedachte Leser der Einleitung selbstverständlich und wohl auch unreflektiert bediente, in denen aber das Wissen um wissenschaftlich-objektivierende und narrativ-subjektivierende Darstellungskonventionen gebunden ist.
Fußnoten
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[1]Vgl. hier Underwood et al. 2013. Dieser Artikel basiert auf der Auswertung von rund 470.000 Werken in der digitalen Bibliothek HathiTrust.
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[2]Diese Studie entstand im Rahmen des interdisziplinären Projekts »Die Affekte der Forscher«, gefördert von der VolkswagenStiftung (2013–2017, Az 86 783).
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[3]Potenziell lassen sich Kontextinformationen selbstverständlich als Gesamtheit aller zum Zeitpunkt der Evaluation verfügbaren Informationen beschreiben – etwa über Beiträge in den Medien oder Autorenlexika; der enorme Aufwand, der für ihre Erfassung notwendig wäre, ist offensichtlich.
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[4]Genette 1989, S. 9. Hervorhebungen im Original.
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[5]Zu Fußnoten vergleiche hier bereits Grafton 1995, passim.
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[6]Genette 1989, S. 13.
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[7]Das lässt sich auch aus der Anspielung auf den Verlag selbst schließen, in dem das Buch publiziert wurde: Das französische Original von Genette 1989 erschien 1987 unter dem Titel Seuils in den Éditions du Seuil.
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[8]Aber eben nicht nur: Hinweise wie »Nonfiction« oder »Autobiographie« sind gelegentlich Teil der verlegerischen Epitexte.
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[9]Genette 1992, S. 81–91.
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[10]Vgl. dazu Clifford 1986.
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[11]Vgl. aber bereits die Studie von Kilchör et al. 2018, die ein nahezu vergleichbar großes Korpus von primatologischen Werken im Hinblick auf ihre Paratexte untersucht hat.
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[12]Dies wurde anhand der Virtuellen Fachbibliothek Ethnologie / Volkskunde EVIFA überprüft.
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[13]Eine Visualisierung der Publikationsorte dieser 1.750 Titel im Zeitverlauf wurde im DARIAH-DE GeoBrowser vorgenommen.
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[14]Eine Visualisierung der Publikationsorte der 103 Ethnografien findet sich im DARIAH-DE GeoBrowser.
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[15]Das würde voraussetzen, dass sich das symbolische und soziale Kapital eines Autors nicht nur überhaupt bestimmen lassen müsste, sondern es würde auch eine Formel notwendig machen, nach der diese Kapitalsorten in ihrer Verteilung über die verschiedenen sozialen Felder hinweg kumulativ berechnet werden könnten.
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[16]
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[17]Malinowski 1932, S. 9, 10, 48f.
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[18]Benedict / Vogel 1946, S. 3, 22, 313.
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[19]Sämtliche Daten wurden unter http://dx.doi.org/10.20375/0000-000D-FF87-C publiziert, vgl. Lehmann 2021.
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[20]Vgl. Bertifier. Dank an Jean-Daniel Fekete (INRIA Paris), der dieses Werkzeug mitentwickelt hat und die Autorin und den Autor darauf aufmerksam gemacht hat.
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[21]Es sind dies Darwin 1839; Tylor 1871; Frazer 1894. Als Grundlage für diese Grafiken diente jeweils nur die An- oder Abwesenheit eines Paratexts, nicht aber sein Umfang.
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[22]Ihre insgesamt sehr geringe Zahl mag sich auch aus dem Umstand erklären, dass die Klappentexte nicht vollständig erfasst werden konnten. Aus pragmatischen Gründen wurden die erfassten Texte in Bibliotheken untersucht, die häufig darauf verzichten, den Schutzumschlag von Hardcoverwerken zu erhalten, oder aber sie lassen Softcoverausgaben binden, so dass Paratexte wie Einführungen ins Werk, Blurbs, Kurzbiografien auf dem Umschlag oder eben Fotos der Autor*innen verlorengehen. Auch wenn hier eine gewisse Dunkelziffer nicht erfasster Paratexte angenommen werden muss und die Aussagekraft der erhobenen Werte daher eingeschränkt ist, sollte die Bedeutung dieser Paratexte insgesamt nicht überschätzt werden.
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[23]Dies in folgenden Texten: Barley 1986; Barley 1988; Chagnon 2014; Heider 1979; Heyerdahl 1948; Malinowski 1929; Raybeck 1996; Rosaldo 2014; Taussig 1986; Vitebsky 2005. In aller Regel sind dies Frontalaufnahmen der Autoren; kein einziges Foto zeigt eine Dialogsituation, in der der Forscher mit seinen Informant*innen kommuniziert.
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[24]Die beiden Ausnahmen – das Vorwort von Amartya Sen zu Farmer 2003 sowie das Vorwort der Literaturwissenschaftlerin Jean Franco zur Dissertation von Goffman 2014 – sind in ihrer Funktion wohl interessant, können im Gesamtbild aber vernachlässigt werden.
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[25]Vgl. zum Wandel des Objektivitätsverständnisses ausführlich Daston / Galison 2007, S. 38–41, 207–209.
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[26]Diesen Titel trägt der entscheidende Sammelband zu dieser Debatte; vgl. Clifford 1986.
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[27]Ausnahmen bilden hier beispielsweise Kulick 1998, passim; Hecht 1998, passim, die beide auf Tonbandaufnahmen und angefertigte Transkriptionen verweisen.
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[28]Lejeune 1975, passim.
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[29]Alle Zitate Bohannan (Smith Bowen) 1954, S. V. Die zweite Ausgabe dieses Werks trägt den Untertitel An anthropological novel, erschienen Garden City, N.Y.: Doubleday 1964, Bohannan (Smith Bowen) 1964.
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[30]Turnbull 1961; direkte Rede z. B. auf S. 50, 75, 79, 136, 156, 224.
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[31]Korda 1999, S. 81.
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[32]Castaneda 1972, S. 7. Bei dieser Hardcoverausgabe blieb der Schutzumschlag nicht erhalten und konnte daher nicht in die Untersuchung miteinbezogen werden.
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[33]Castaneda 1972, S. 89.
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[34]Castaneda 1972, S. 262.
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[35]Korda 1999, S. 283. Bereits zuvor hatte Korda ein weiteres Erfolgskriterium für Castanedas Buch identifiziert: »In the drug-obsessed culture of the late sixties and early seventies, it was hardly surprising that Castaneda’s doctoral thesis should have broken out of the academic world to become a local best-seller, though it was very possible the first (and last) doctoral thesis to do so«. Korda 1999, S. 277.
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[36]Shostak 1981, S. 38f.
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[37]
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[38]Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Underwood 2019, S. 34–67.
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[39]Dazu schon ausführlich Piper 2018, S. 94–117.
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[40]Hierzu schon Underwood 2019, S. 1–33.
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[41]Eine mustergültige Analyse wurde am Beispiel finnischer Zeitungen von Mäkelä et al. 2019 vorgelegt.
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[42]Vgl. hierzu bereits den »shared task« zu narrativen Ebenen von Reiter et al. 2019.
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[43]Vgl. hierzu Krautter et al. 2018.
Primärliteratur (Korpus der untersuchten Werke)
- Lila Abu-Lughod: Veiled sentiments: honor and poetry in a Bedouin society. Berkeley, CA u. a. 1986. [Nachweis im GVK]
- Benedict Anderson: Imagined communities: reflections on the origin and spread of nationalism. London 1983. [Nachweis im GVK]
- Talal Asad: Formations of the Secular: Christianity, Islam, modernity. Stanford, CA 2003. [Nachweis im GVK]
- Nigel Barley: A plague of caterpillars: a return to the African bush. Harmondsworth u. a. 1986. [Nachweis im GVK]
- Nigel Barley: Not a hazardous sport. London u. a. 1988. [Nachweis im GVK]
- Nigel Barley: The innocent anthropologist: notes from a mud hut. London 1983. [Nachweis im GVK]
- Ethnic groups and boundaries: the social organization of culture difference. Hg. von Fredrik Barth. Bergen 1969. [Nachweis im GVK]
- Gregory Bateson: Naven: a survey of the problems suggested by a composite picture of the culture of a New Guinea tribe drawn from three points of view. Cambridge 1936. [Nachweis im GVK]
- Ruth Behar: The vulnerable observer: anthropology that breaks your heart. Boston, MA 1996. [Nachweis im GVK]
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- Ted Underwood: Distant horizons: digital evidence and literary change. Chicago u. a. 2019. [Nachweis im GVK]
Abbildungslegenden und -nachweise
- Abb. 1: 1.750 Ethnografien. Chronologie der Veröffentlichungen. [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 2: 1.750 Ethnografien. Geschlecht der Autor*innen. [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 3: 1.750 Ethnografien. Geografie der Publikationsorte. [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 4: 103 Ethnografien. Paratexte und Erzählpositionen. [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 5: 103 Ethnografien. Objektivierende Paratexte. (chronologisch). [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 6: 103 Ethnografien. Subjektivierende Paratexte. (chronologisch). [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 7: 103 Ethnografien. Vorworte vs. Danksagungen. (chronologisch). [Kilchör / Lehmann 2020]
- Abb. 8: 103 Ethnografien. Kurzbiografien, Blurbs, Erzählpositionen. [Kilchör / Lehmann 2020]