Hypertext

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Christian Wachter Autor*inneninformationen
Christian Vater Autor*inneninformationen

DOI: 10.17175/wp_2023_005

Nachweis im OPAC der Herzog August Bibliothek: 183976709X

Erstveröffentlichung: 25.05.2023

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Letzte Überprüfung aller Verweise: 12.04.2023

GND-Verschlagwortung: Graph | Interaktives Lesen | Netzwerk | Textproduktion | Textstruktur | Terminologie | 

Empfohlene Zitierweise: Christian Wachter / Christian Vater: Hypertext. In: AG Digital Humanities Theorie des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum e. V. (Hg.): Begriffe der Digital Humanities. Ein diskursives Glossar (= Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften / Working Papers, 2). Wolfenbüttel 2023. 25.05.2023. HTML / XML / PDF. DOI: 10.17175/wp_2023_005


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[1]Synonyme und ähnliche Begriffe: digitale Literatur | elektronisches Publizieren | Hypermedia / Hypermedien | interaktive Literatur | Knoten und Kanten | Multilinearität | Netzwerkmedien | Zettelkasten
Pendants in kontrollierten Vokabularen: Wikidata: Q93241 | TaDiRAH: –

1. Begriffsdefinition

[2]Als Hypertext wird in der Regel ein Medium verstanden, das Informationseinheiten (Knoten) über digitale Verbindungen (Hyperlinks / Kanten) in komplexer Weise miteinander verknüpft. Der Aufbau ist typischerweise netzwerkartig (unsequenziert), kann aber auch multilinear angelegt (mehrfachsequenziert) sein. Die Knoten können dabei aus verschiedenartigen Medienformaten (typischerweise → Texte, Bilder, Videos, Tondokumente) bestehen. Die Komplexität eines Hypertextes kann auf konzeptioneller Ebene unbegrenzt bleiben, wenn durch prozessuales Schreiben immer neue Inhalte ergänzt werden. Dementgegen ist die Komplexität auf technischer Ebene begrenzt: einerseits räumlich durch den bereitgestellten Speicherplatz, andererseits zeitlich durch Zugriffsdauer oder die Kompressionsprozessierung. Die typische Gestalt eines Hypertextes ist trotz 3-D-Techniken die zweidimensionale Schriftsatzseite geblieben, in die typografisch (z. B. über Cascading Style Sheets (CSS)) andere Medien (z. B. Bilder) eingebettet werden. Eine Besonderheit ist hierbei die typische Trennung von Inhalt, Gestaltungsanweisung und Metadaten, die im gleichen Zeichensatz, aber verschiedenen Dateiteilen eines Hypertextes kodiert werden. Als Hypertext ist nicht nur ein konkretes Medium mit den vorgenannten Eigenschaften gemeint. Darüber hinaus kann der Begriff konzeptionell eingesetzt werden: Als hypertextuell aufgebaut gelten die Wikipedia, Social Media oder das WWW. Ein Smartphone ist ein allgegenwärtiges Hypertext-Interface.

2. Begriffs- / Ideengeschichte

[3]Etymologie: Wortbildung aus altgriechisch ›ὑπέρ‹ [hyper-], deutsch ›über, oberhalb, über … hinaus‹ und lateinisch ›texere‹, deutsch ›weben, flechten‹.

2.1 Frühe Formen vernetzter Informationsverknüpfung

[4]Häufig werden historische Vorbilder für den Hypertext herangezogen. Hier werden in analoger Form Informationseinheiten vernetzt, exemplarisch:

  • antike und mittelalterliche Texte, die sich stark durch Querverweise und Marginalien auszeichnen (z. B.: der Talmud, die King-James-Bibel)
  • frühneuzeitliche Drucke, die Konkordanzen durch Verweissysteme herstellen und durch alphanumerisch kodierte Markierungen eindeutige Referenzen erlauben (z. B.: Stephanus-Paginierung der Platonis opera quae extant omnia)
  • der Pionier der modernen Dokumentationswissenschaft Paul Otlet mit seinen Zettelkästen
  • Niklas Luhmanns Zettelkasten[1]
  • wissenschaftliche Literatur mit hypertextartigem Aufbau[2]

2.2 Bush, Engelbart und Nelson erfinden den modernen Hypertext

[5]Vannevar Bush publizierte bereits 1945 über vernetzte Formen des Wissensmanagements und information retrieval.[3] Er sinnierte über die Maschine Memex, mit der einzelne Informationseinheiten abgespeichert werden könnten. Gleichzeitig würden Nutzer*innen sich diese Sammlung erschließen können, indem sie assoziativ von einer Information zur nächsten springen und so ebenfalls gespeicherte und teilbare ›Pfade‹ anlegen würden. Bush ließ Memex nie konstruieren, seine Ausführungen blieben Entwurf.

[6]Anfang der 1960er Jahre griff Douglas C. Engelbart Bushs Ideen auf und realisierte einen digitalen Hypertext erstmalig auch technisch: Mit seinem Projekt Augment schuf er ein Computersystem, mit dem Menschen fähig sein sollten, komplexe Probleme besser zu durchdringen. Ihre Gedanken sollten sie verlinkt abspeichern, modifizieren und annotieren, womit der menschliche Intellekt erweitert (»augmented«) werden würde. Der Erfinder der Computermaus Engelbart hat auch die Begriffe ›Knoten‹ (nodes) und ›Kanten‹ (edges) eingeführt.[4]

[7]1965 führte Theodor (Ted) Holm Nelson den Begriff »hypertext« in seinem Aufsatz A File Structure for the Complex, the Changing, and the Indeterminate[5] ein. »Hyper« ist dem mathematischen und naturwissenschaftlichen Jargon entlehnt und bedeutet ›erweitert und generalisiert‹. Nelson erklärt: »Hypertext can include sequential text, and is thus the most general form of writing.«[6] Er fasst das Konzept weiter zusammen: »Well, by ›hypertext‹ I mean non-sequential writing – text that branches and allows choices to the reader, best read at an interactive display.«[7] Nelson prägte auch die Begriffe Hypermedia (siehe 3.2) und Hyperfilm. Letzterer konnte sich allerdings nie durchsetzen. Sein Hypertext-Konzept versucht Nelson bis heute in seinem Projekt Xanadu zu realisieren. Ein besonderes Merkmal davon ist der Verzicht auf jede Redundanz: Ein digitales Objekt soll genau einmal gespeichert, aber universell adressierbar sein (»Xanalogical Storage«[8]). So würde für universelle Aktualisierung von Inhalten gesorgt und gleichzeitig die Grundlage für ein Abrechnungssystem (mit Micropayment), vor allem für Kulturgüter, geschaffen. Die an verschiedenen Stellen (in Hypertext-Dokumenten) repräsentierten Inhalte bleiben per Transklusion miteinander verbunden.

2.3 Jüngere Hypertextforschung: Ausweitung der Anwendungsgebiete

[8]Nach der »founding trinity of hypertext«[9] (Bush, Engelbart und Nelson) haben sich eine Reihe von Disziplinen der Hypertextforschung angenommen, so etwa die Medien- und Kommunikationswissenschaft, die Informatik, Linguistik und die Literaturwissenschaft. Anwendungsgebiete und Theorie haben sich dabei erheblich erweitert. Prominente Beispiele sind:

  • die technische und theoretische Auseinandersetzung mit dem WWW, sichtbar durch die Begriffe Hypertext Markup Language (HTML) und Hypertext Transfer Protocol (HTTP)
  • die Forschung zu Computerspielen mit non-linearer Plot-Struktur
  • die literaturwissenschaftliche Beschäftigung besonders mit fiktionaler Hypertextliteratur (Hyperfiction)
  • die Übertragung der Netzwerkmetapher auf geistes- und kulturwissenschaftliche Methodenentwicklung[10]

2.4 Boomzeit: Die 1980er und 1990er Jahre

[9]Das Konzept eines Hypertextes wurde in diesen Jahren stark mit Visionen einer Bildungsrevolution aufgeladen. So hat etwa Nelson mit seiner Rede vom »docuverse« propagiert, jeder Literaturtitel lasse sich digital und miteinander verknüpft weltweit bereitstellen.[11] Nicht selten war im Anschluss an den kanadischen Medientheoretiker Marshall McLuhan von einem Ende des Buchzeitalters zu lesen.[12] Im deutschsprachigen Raum wurde dieser Übergang mit dem Begriff der »Turing Galaxis« benannt, prominent bei Wolfgang Coy.[13]

[10]Im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Diskussion über technikgestützte Reformen des Bildungswesens vergleicht Kuhlen Hypertext mit einer »Wissensbank«.[14]

[11]Einschlägig ist auch ein poststrukturalistischer Blick auf den Hypertext, wonach digitale Texte keine erkennbare Autor*innenschaft mehr aufweisen würden. Literatur würde sich prozessual immer weiter entwickeln – netzwerkartig, rhizomatisch. Für die poststrukturalistische Beschäftigung mit Hypertext hat George P. Landow eine Schlüsselposition eingenommen, der gleichzeitig Denkfiguren der kritischen Theorie reaktualisiert.[15]

[12]Hypertextualität wurde im deutschsprachigen Raum auch zu einem zentralen Arbeitsfeld der Technikfolgenabschätzung. Ausgehend von der Frage, welche Auswirkung die Einführung von elektronischen Büchern auf Kulturlandschaft und Verlagswesen haben würde, legten Arbeitsgruppen am Karlsruher Zentrum für Kernforschung (heute Teil des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am KIT, vormalig Teil der Heidelberger ›Studiengruppe für Systemforschung‹) Pilotstudien zum Einsatz von Hypertext vor. Grundlage war das »allmähliche Verfertigen elektronischer Texte«[16] in selbstgefertigten Experimentalsystemen.[17] In der Theoriebildung knüpfte man bei Vilém Flusser an und baute auf den (heute aus dem Diskurs verschwundenen) Arbeiten von Michael Heim auf.[18] Das Archivgut hierzu findet sich im Flusser-Archiv an der Universität der Künste Berlin.

[13]Im angloamerikanischen Raum entwickelte der Medientheoretiker David J. Bolter seine Überlegungen zur technischen Nutzbarkeit von Hypertexten zu einer umfassenden Theorie des medialen Wandels weiter, in der die Geschichte des Denkens durch einen Wechsel der Schreib- / Lesesysteme bestimmt wird. Diese Wechsel erfolgen allerdings bei Bolter nicht als scharfe Zäsuren, sondern können auch durch Gleichzeitigkeit oder ästhetisch-pragmatische Rückgriffe (»Re-Mediation«) gekennzeichnet sein.[19]

2.5 Abnehmendes Interesse seit den 2000er Jahren

[14]Die medienphilosophischen Visionen haben sich als überladen herausgestellt und das poststrukturalistische Narrativ ist zunehmend in die Kritik geraten. Hierdurch hat die Beschäftigung mit Hypertext allgemein abgenommen. Auch der Begriff wurde immer weiter durch Alternativbezeichnungen ersetzt. So ist heute eher von digitaler / interaktiver Literatur, Netzwerkmedien oder von interaktiven Narrativen die Rede.

[15]Im deutschsprachigen Raum wurde das abklingende Interesse auch begleitet von einer Abwendung von den Arbeiten Friedrich Kittlers und Vilém Flussers sowie von einer Hinwendung oder Rückkehr zu empirisch-analytisch ausgerichteten und / oder textimmanenten Verfahren. Auch die (nur) zweiwertigen de Saussure’schen Zeichenmodelle sind ein Bezugspunkt geworden.

3. Erläuterung

3.1 Mehrdeutigkeiten

[16]Die oben angegebene Begriffsbestimmung von Hypertext als einem modular aufgebauten, unlinear strukturierten Digitalmedium kann als Minimaldefinition gelten. Die konkrete Strukturierung, technische Implementierung und vor allem die Interfacegestaltung sind jedoch höchst divers. Deswegen können sehr unterschiedliche Geräte und Umsetzungen gemeint sein, wenn von ›Hypertext‹ die Rede ist.

[17]Davon unberührt haben sich zentrale Metaphern für die Gestaltung und Rezeption von Hypertext durchgesetzt: So ist die Rede von der ›Räumlichkeit‹ des Hypertextes. Sie verlange nicht nach einem ›Roten Faden‹, wie bei Drucktexten, sondern nach einem »topographic writing«[20]. Rezipient*innen könnten durch das Medienangebot (mehr oder minder) selbstständig ›navigieren‹. Die Schlagworte ›Netzwerk‹ und ›Rhizom‹ treffen auf Hypertextformen zu, die keinen definierten Anfang und kein definiertes Ende anbieten, häufig als prozessual offen gehaltene Hypertexte.

3.2 Differenzen der Begriffsverwendung in verschiedenen (DH-bezogenen) Disziplinen

[18]Uneinheitlich zeigt sich die Verwendung der Begriffe Hypertext und Hypermedien / Hypermedia. In der interdisziplinären Hypertextforschung gibt es Stimmen, die mit ersterem Terminus ein rein textuelles Medienangebot meinen, während die beiden anderen Varianten die Multimedialität von Knoten betonen sollen. Häufig werden die Bezeichnungen aber synonym verwendet – durchaus auch in der Literaturwissenschaft. Hier meint ›Hypertext‹ schlicht die nicht-lineare Strukturierung verlinkter Knoten, unabhängig von deren Medienmodalitäten.[21]

4. Kontroversen und Diskussionen

[19]Durch den weiten Begriffsumfang und den interdisziplinären Charakter der Hypertextforschung betreffen zahlreiche Diskussionen einzelne Aspekte.

[20]Nelson kritisiert bis heute das WWW nach Tim Berners-Lee[22] als unstrukturierte und letztlich minderwertige Version dessen, was er mit Xanadu im Sinn hat.[23] Dabei geht es vor allem um Verlinkungen zwischen Websites, die in den meisten Fällen in nur eine Richtung funktionieren. Nelson votiert dementgegen für Transklusionen, welche die Verknüpfungen in beide Richtungen nachvollziehbar werden lassen. Außerdem kritisiert Nelson am WWW, dass gleiche Bestandteile von Websites, wie identische Textteile oder Bilder, nicht zentral gespeichert und auf jeder entsprechenden Website lediglich repräsentiert, sondern jeweils neu auf Servern gespeichert würden. Dass auf verschiedenen Websites gleiche Inhalte erscheinen, würde so nicht erkennbar sein, was inhaltliche Zusammenhänge zwischen den Websites verstecke.

[21]Eine größere Diskussion dreht sich in der literaturwissenschaftlich geprägten Hypertexttheorie um poststrukturalistische Positionen, vor allem nach Landow. Während Poststrukturalist*innen im Hypertext eine mediale Einlösung ihres Theorems sehen, wird dagegen kritisiert, dass auch Hypertexte die Handschriften ihrer Ersteller*innen tragen. Die Organisation von Knoten und Kanten stifte durchaus Kohärenz. »Auch Hypertext-Autoren organisieren ihre Texte, indem sie sie strukturieren, ihre Präsentationsform bestimmen, Pfade vorgeben, etc.«[24], so etwa Simone Winko.

[22]Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen die Tendenz, den Netzwerkcharakter von Hypertext zu verabsolutieren. Auch wenn Hypertexte bislang hauptsächlich als Netzwerke gedacht und umgesetzt worden sind und zumeist ohne klare Navigationsvorgaben erschlossen werden können, schreibt das Medium dies nicht per se vor. Mehrfachsequenzierte, also von vornherein multilinear konzipierte Hypertexte zeichnen sich durch vordefinierte Erzählstränge aus; die Komplexität der Struktur aus Knoten und Kanten wird auf diese Weise reduziert. Nutzer*innen mögen zwar bestimmen, in welcher Reihenfolge sie solche Pfade erschließen. Sie mögen ebenfalls ›abbiegen‹, sobald mehrere Pfade einen Knoten teilen, die Pfade sich also ›überschneiden‹. Doch trotz solcher Freiheiten bleiben die Navigationsmöglichkeiten gegenüber Hypertextnetzwerken stärker eingeschränkt. Diese Einschränkung ist im Sinne einer stärkeren Leser*innenführung eher von Vorteil als hinderlich, so der Einwand.[25] Gleichwohl sind darüber hinaus Mischformen möglich, z. B. wenn innerhalb eines Netzwerkes multilineare Pfade hervorgehoben und den Leser*innen vorgeschlagen werden. In derlei Fällen ist trotz der Mehrfachsequenzierung immer noch eine freie Navigation im Netzwerk möglich.

[23]Von Beginn an wurde dem Hypertext zur Last gelegt, er würde Rezipient*innen schnell überfordern. Interaktive Bedienung, ›Räumlichkeit‹ und Komplexität würden kognitiv überanstrengen. Außerdem entstehe Orientierungslosigkeit – verstärkt durch die Konfrontation mit redundanten Daten in einem bestimmten Rezeptionskontext. Die beiden Phänomene firmieren unter den Bezeichnungen cognitive overhead und lost in hyperspace.[26] Sie zu vermeiden ist eine Herausforderung des Mediendesigns im Sinne einer Gestaltung eines intuitiv zu bedienenden und übersichtlichen Interfaces. Im Kontrast zu der Zeit der früheren Hypertextdiskurse ist die Erschließung verlinkter Informationen inzwischen zu einer allgemein gewohnten Praxis, gar Kulturtechnik geworden. Entsprechende Gewöhnungseffekte mildern die Problematiken des cognitive overhead und lost in hyperspace daher ab.

[24]Gleichzeitig sind wir heute von Artefakten umgeben, die wir als ›verkörperte Hypertexte‹ auffassen könnten: Kein Interface führt uns die Allgegenwart der mehrfach verknüpften Datenwelt so deutlich vor Augen – und ist gleichzeitig in der alltäglichen Handhabung so unsichtbar – wie das global und drahtlos vernetzte Smartphone, das wir in unserer Jackentasche mit uns herumtragen können. Dadurch werden digitale vernetzte Wissensbestände – Akkukapazität und Netzabdeckung vorausgesetzt – mobil zugänglich, edierbar und interoperabel. Das einschlägigste Beispiel für diese Art ubiquitärer Hypertextualität ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia.[27] Deren Einträge sind nicht nur auf ›Seiten‹ kollaborativ veränderbar und werden versioniert gespeichert, ihre ›Metadaten‹ und ›Kernpassagen‹ werden auch automatisiert von anderen technischen Systemen (z. B. Informationsassistenten wie Apples Siri und Amazons Alexa oder Googles Suche) ausgelesen, verarbeitet und wiedergegeben. Ohne Hypertextsysteme wie die Wikipedia wäre auch das Training sprachverarbeitender KI-Systeme wesentlich aufwendiger. Denn hier werden Lemmastruktur und Kategoriensystem als ordnende Form mit menschlich vorstrukturierten und edierten Textblöcken verbunden. Darum eignet sich die Wikipedia als ›Goldstandard‹ für maschinelles Lernen im Bereich symbolischer Systeme. Hier lässt sich zeigen: In jeder (symbolischen) ›KI‹ steckt ›Hypertext‹.


Fußnoten


Bibliografische Angaben

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