Das Projekt :aichinger. Zu Ilse Aichingers Topoi zwischen Logoi und Graphai

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Andreas Dittrich Autoreninformationen

DOI: 10.17175/2016_007

Nachweis im OPAC der Herzog August Bibliothek: 86864921X

Erstveröffentlichung: 28.09.2016

Lizenz: Sofern nicht anders angegeben Creative Commons Lizenzvertrag

Medienlizenzen: Medienrechte liegen bei den Autoren

Letzte Überprüfung aller Verweise: 27.09.2016

GND-Verschlagwortung: Literaturwissenschaft | RDF, Informatik | Topologie |

Empfohlene Zitierweise: Andreas Dittrich: Das Projekt :aichinger. Zu Ilse Aichingers Topoi zwischen Logoi und Graphai. In: Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften. 2016. text/html Format. DOI: 10.17175/2016_007


Abstract

Das Projekt :aichinger zielt darauf ab, das stilistisch heterogene Werk der Autorin Ilse Aichinger unter literaturwissenschaftlichen Gesichtspunkten systematisch nach den Kriterien Ort/Raum, Zeit und Person/Figur computergestützt aufzuarbeiten und dadurch nicht konventionelle literaturwissenschaftliche Analysen zu ermöglichen. Die poetisch anspruchsvollen und sprachkritisch elaborierten Texte Ilse Aichingers werden sowohl hinsichtlich ihrer außerliterarischen als auch spezifisch literarischen Orts- und Zeit-Bezüge kodiert. Der Beitrag erläutert zunächst das forschungsleitende Interesse an Aichingers Raumbezügen und diskutiert an einem Fallbeispiel die vom Projekt vorgesehene Kodierung.


The :aichinger project has as its goal the systematic, computer-supported analysis of the stylistically heterogeneous literary work of the author Ilse Aichinger using the criteria of location/space, time and person/character. Aichinger's poetically demanding, linguistically complicated texts will be encoded and annotated both in terms of their non-literary and literary references, such as topoi and temporal references. This article presents the research interest of this study and demonstrates the project's encoding efforts by means of a case study.



1.

»Pour démontrer la nécessité inéluctable de cet échec […]« (J.D./G.B.)[1]

»[Ida Strauss:] Ich will in keine Statistik.«[2]

Das bisher publizierte literarische Werk von Ilse Aichinger (1921–) erstreckt sich über sechs Jahrzehnte, von 1945 bis 2005. In diesem Zeitraum entwickelte und erprobte Aichinger unterschiedliche Schreibweisen, um dem, was vor dem und während des Zweiten Weltkriegs geschah – insbesondere die Deportation und Vernichtung europäischer Juden, ihre eigenen Verwandten eingeschlossen –, eingedenk zu bleiben, aber auch, um die Gegenwart kritisch reflektierend zu begleiten: dazu gehören ein Roman, zahlreiche Kurzgeschichten und Erzählungen, Gedichte, Szenen und Dialoge, Hörspiele, philosophische Tagebucheinträge und zuletzt auch Rezensionen. Eine Gruppe von Nachwuchsforschern der Abteilung für Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Wien widmet sich in Kooperation mit Academiae Corpora (AC)[3] an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) diesem heterogenen Werk erstmals mittels computergestützter Analysen. Geplant ist die Erstellung des so benannten :aichinger-Korpus, welches den Großteil der publizierten Texte Aichingers erfassen wird.[4] Das Korpus wird als Basis gängige formale und linguistische Informationen wie Annotationen von Überschriften, Paragraphen, usw. und die Anreicherung durch Part-of-Speech (POS)-Informationen enthalten. Darüber hinaus stellt es den experimentellen Versuch dar, Ortsbezeichnungen und Raumverhältnisse im Werk Aichingers (1.) mit geographisch lokalisierbaren Orten in Beziehung zu setzen, ohne dabei (2.) deren literarischen Gehalt zu verabschieden. Mithilfe des Resource Description Framework (RDF) sollen Aichingers spezifische Orte und Räume in ein computerlesbares Beziehungsgeflecht (Semantic Web) transferiert werden, welches sowohl georeferenzielle (topographische), als auch semantische (topologische) Relationen zu beschreiben versucht.[5] Im folgenden Abschnitt soll zunächst erörtert werden, welche literaturwissenschaftlichen Interessen sich mit diesem Projekt verbinden. Die grundlegende Annahme dabei ist, dass sich durch Aichingers heterogenes Werk in gewisser Weise ein roter Faden zieht: der elaborierte sprachkritische Versuch, das reale Verschwinden von Menschen– und letztlich auch das Verschwinden selbst – in der Sprache aufzuheben. Das Projekt konzentriert sich dabei auf Orte und Räume, von denen Aichingers Erinnerungen ausgehen. Die maßgebliche Herausforderung besteht darin, diese heterogenen Bezugnahmen werkübergreifend konsistent zu erfassen. Daran anschließend werden mögliche, auch praktische Perspektiven in den Blick genommen. Schließlich wird die technische Entscheidung für eine Verbindung von TEI-XML und RDF triple-store begründet und an einer Beispiel-Kodierung dargestellt.

2.

Richard Reichensperger eröffnet die von ihm herausgegebene Werkausgabe Aichingers mit einer Definition ihres Topos:

»Die Habsburger Kaiser trugen, neben vielen anderen, die Titel ›Könige von Jerusalem‹ und ›Herzöge von Auschwitz‹: Zwischen diesen beiden Polen liegt der Topos von Ilse Aichingers Dichtung, aus dieser Spannung erwächst eine Sprache des Leidens, der verwundbar bleibenden Hoffnung und der rückhaltlosen Parteinahme für die Außenseiter, die Unterliegenden, die in der Alltags- und Weltgeschichte Getretenen.«[6]

Zwischen zwei »Polen« liegt laut Reichensperger der »Topos« von Aichingers Dichtung: Jerusalem und Auschwitz. Diese zwei »Pole« können (1.) topologisch (zwischen Jerusalem als der Ort des Heils und Auschwitz als der Ort des Todes) verstanden werden[7] oder (2.) chronologisch (zwischen den christlichen Kreuzzügen, durch welche die Habsburger den Titel ›Könige von Jerusalem‹ bekamen, und den Massenmorden der Nationalsozialisten, für die der Name Auschwitz (Oświęcim) steht). Eingedenk der raum-zeitlichen Konfiguration könnte so auch von Aichingers Chronotopos gesprochen werden. Denn die geschichtliche Dimension expliziert sich bei Aichinger in ihren räumlichen Manifestationen. Ihre Erinnerungen und das von ihr zur Sprache gebrachte Gedächtnis knüpfen sich an konkrete Orte. Orte, wie jene der Stadt Wien:

»[…] Sie sah mich unsicher an, so wie ich nun selbst geneigt war, mich anzuschauen. Hatten sie jemals existiert, diese Bewohner? Nicht nur ihre Briefe, ihre Betten und Schränke waren verbrannt. Wo waren sie bewiesen, nicht durch Urkunden, durch Geburt und Ahnen (wie sehr man dadurch unbewiesen blieb, hatten wir erfahren), sondern lebendig und sinnvoll sich selbst und mir bewiesen, aus welchem Stein konnte ich die Funken wieder schlagen, konnte ich sie zurückholen in die Erinnerung und damit in die Gegenwart? Ich wußte es jetzt. Es waren wieder die beiden Türme auf dem alten Universitätsplatz, es war wieder der zweite Hof des erzbischöflichen Palais in Wien. Wo sie Hilfe und im inneren Sinn Rettung gefunden hatten, fand sie auch die Erinnerung. // Ich sah uns wieder […].«[8]

Diese prometheisch-technische Urszene, in welcher durch Schläge »Funken« aus dem Stein gehauen werden sollen – »Blitzlichter«, wie sie es später zum Untertitel erheben wird[9] – schildert eine alte Technik der Erinnerung, Orte als Gedächtnis zu begreifen. Es sind konkrete, geografisch lokalisierbare Orte, wie »die beiden Türme auf dem alten Universitätsplatz« (an welcher heute die Österreichische Akademie der Wissenschaften ihren Sitz hat), welche es Aichinger erlauben die »[Bewohner] zurückholen in die Erinnerung und damit in die Gegenwart« der Sprache.[10] »[W]ahrhafte Erinnerungen« dürfen nicht »berichtend verfahren«, wie Walter Benjamin schreibt, sondern »[müssen] genau den Ort bezeichnen, an dem der Forscher ihrer habhaft wurde«.[11] So ist auch der Titel des kurzen Textes zu verstehen, aus welchem die zitierte Passage entnommen wurde: die »Hilfstelle« ist sowohl die Stelle, die den Fliehenden, als auch der Erinnerung an die Toten hilft.

In der Forschung sind verschiedene Poetiken Aichingers herausgearbeitet worden: eine Poetik »des Vergessens« (Thums[12]), »des Widerstands« (Mall-Grob[13]), »der Negation« (Schmid-Bortenschlager[14]) und andere. [15] Barbara Thums hat in ihrer Darstellung einer »Poetik des Exils« zu zeigen versucht, dass »bei allen Unterschieden [eine] erkennbare Kontinuität zwischen Aichingers frühen und späten Texten«[16] existiert. Auch Simone Fässler meint einen roten Faden im Werk ausmachen zu können:

»Die Akzente verschieben sich, die Dynamik verändert sich, der Grad der Abstraktion variiert, doch all ihre Texte, über 60 Jahre hin und durch alle Gattungen hindurch […] sind vom Raum und der Topographie her gedacht. Alle bleiben auf ein Grundmuster bezogen, das auch, wo es destruiert wird, präsent bleibt.«[17]

Die Gefahr einer jeden in Anschlag gebrachten ›Kontinuität‹ besteht darin, die singuläre Qualität eines einzelnen Textes zu untergraben; die Herausforderung besteht darin, diese nicht zu tilgen, sondern sie durch eine kontextsensible Verortung zuallererst als solche zu fassen. In diesem Sinn liegt laut Thums das »durch das Trauma der Zeugenschaft und der Trennung begründete[] Anliegen« Aichingers darin, »schreibend die Toten anwesend zu machen, mithin im Raum der Schrift eine Gemeinschaft von Überlebenden und Toten zu stiften.«[18] In diesem zugleich werkübergreifenden und kontext-sensiblen Sinn[19] versucht das Projekt :aichinger die Orte Aichingers systematisch zu untersuchen und seine »Kohärenz und Solidität« konkret zu erproben.[20] Entscheidend ist dabei, dass nicht bloß die geoinformatisch in einer herkömmlichen Stadtkarte verortbaren Lokationen als Orte verstanden werden, sondern auch die eminent literarischen räumlichen Verhandlungen in diese Untersuchung einfließen. Die »beiden Türme auf dem alten Universitätsplatz« und »der zweite Hof des erzbischöflichen Palais« im obigen Beispiel sind keine bloß realistisch-topographischen Ortsbeschreibungen, sondern rekurrieren durch ihre Doppelstruktur auch auf die existenzielle Erfahrung der Spaltung, kein In-Dividuum zu sein. Ilse Aichingers ihr sehr nahe Zwillingsschwester Helga Michie gelang die Flucht nach England, während Ilse Aichinger mit ihrer Mutter in Wien blieb. Diese Trennung prägt auch viele Texte Aichingers.[21] England wurde für sie zum »Sehnsuchtsort«.[22]

Der obige Ausschnitt aus dem Text Hilfsstelle soll der Darstellung einer möglichen, sehr kurzen exemplarischen Analyse im Rahmen des Projekts :aichinger dienen.[23]

»Sie sah mich unsicher an«, heißt es dort, »so wie ich nun selbst geneigt war, mich anzuschauen.«[24] Dieser Blick eines anderen Menschen setzt einen – durch »sehen«, »durchschauen«, »durchblicken«, »Augenblick« und »Bild« semantisch reichen – erinnernden Sehprozess in Gang, der in dem darauf folgenden Absatz systematisch drei Mal mit »Ich sah uns« anfängt: »Ich sah uns wieder an der alten Kirchenmauer lehnen«, »Ich sah uns die alte Kirche betreten«, »Ich sah uns an der rechten Seite der Kirchenbänke entlang gehen«. Diese Bewegung von vor der Kirche (außen) über den Eintritt in die Kirche (Schwelle) hin zu einer Bewegung entlang der Kirchenbänke (innen), endet schließlich im Stillstand der Gegenwart: »Ich sehe uns in der halbdunklen Kapelle stehen«, wo schließlich eine Taufe stattfindet. Diese Bewegung von einem Außen- in einen Innenraum ist narratologisch in die Suche einer Wohnung einer verschwundenen Freundin eingebettet, die im architektonischen Zentrum des Textes angesprochen wird. (Architektonisches Zentrum bildet diese Stelle auch für den ganzen ersten Teil des Buches.) Dabei ist der Ort, an dem sich das ›Ich‹ erinnert – ein unbestimmter Ort im zweiten Wiener Bezirk –, nicht der erinnerte Ort, der sich relativ genau lokalisieren lässt. Neben den georeferenzierbaren Orten Universitätskirche (der Ort an dem »das Märchen auf[gehoben]« wird), Minsk, Łódź und Riga (Städte der Deportation) werden eminent literarische Orte wie das Schiff (und der Fluß) und die Wälder genannt, die jeweils semantische Beziehungen zu den lokalisierbaren Orten aufweisen.

3.

»Namen und Adresse, das kann doch nicht alles sein!«[25]

Ziel des Projekts :aichinger ist es,[26] sowohl die georeferenziellen und semantisch gehaltvollen Orte als auch exakte und ausgedehnte Zeitnennungen, Personennamen und Figuren werkübergreifend auffindbar zu machen und damit überhaupt eine Arbeitsgrundlage zu schaffen, durch die eine systematische und umfassende Analyse dieses Korpus in Hinblick auf seine chronotopischen Ereignisse ermöglicht wird. Dieses Ziel versucht das Projekt mittels einer doppelten Kodierung zu erreichen: Zunächst werden die Texte auf herkömmlichem editorischen Weg durch die Extensible Markup Language (XML) ausgezeichnet. Dazu wird der Standard der Text Encoding Initiative (TEI)[27] verwendet, um mögliche andere Interoperationabilitäten zu gewährleisten. Ausgezeichnet werden Texteinheiten (beispielsweise ein Gedicht als eine Einheit) mit ihren jeweiligen Datierungen, Überschriften, Seiten- und Zeilenumbrüchen, Paragraphen und Hervorhebungen. In einem weiteren Arbeitsschritt wird jedes Wort mit einem Identifikator (ID) versehen und mit den Informationen eines Part-of-Speech-Taggers (RFTagger)[28] angereichert. Neben syntaktischen Informationen bietet dies die Möglichkeit der Lemmatisierung von Worten, so weit diese vom System erkannt werden. Dieses Prozedere ist automatisiert bzw. halbautomatisiert und bildet die Grundlage der weiteren Arbeit.

Anschließend werden diese – ebenfalls automatisiert – mittels einer Liste von geographischen Namen (Nominatim und Open Government Data der Stadt Wien) im Text markiert. Da dieser automatisierte Prozess teils zu viel (beispielsweise »Leiden«), teils zu wenig (beispielsweise »normandisch«) findet, müssen diese Markierungen händisch korrigiert bzw. ergänzt werden. Die geoinformatischen Referenzen in das XML zu schreiben, ist nicht vorgesehen. Der händische Arbeitsaufwand ›beschränkt‹ sich damit auf das Markieren der literarischen Orte. Diese auch in einem automatisierten Prozess zu kennzeichnen, ist eine Herausforderung, an welcher das Projektteam arbeitet. So wurde angedacht, linguistische Merkmale für eine solche automatisierte Markierung in Anschlag zu bringen. Präpositionen wie »von« oder »nach« können räumliche Bewegungen signalisieren. Sie tun dies aber nicht ausnahmslos; die chronotopische Verschränkung von Sprache wird hier manifest: denn »vor« kann beispielsweise sowohl räumlich als auch zeitlich verstanden werden.[29] Auch Katrin Dennerlein meint, dass »[d]ie Erzeugung von Raum durch raumreferentielle Ausdrücke […] folglich um Schlussprozesse eines Lesers ergänzt werden [müssen], der eine Alltagsvorstellung von Raum hat und diese zur Ergänzung der textuellen Informationen heranzieht.«[30]

Die geoinformatischen und semantischen Referenzen werden mittelts des Resource Description Framework (RDF)[31] in der Terse RDF Triple Language (Turtle)[32] in einer externen Datei als stand-off-Annotationen erfasst.[33] Die Trennung des Textkorpus von seiner Annotation birgt den Vorteil, dass ein (1.) kollaboratives Arbeiten und (2.) das Erweitern der Annotation vereinfacht wird, dass (3.) die erstellte Annotation von den kopiergeschützten Textrechten abgetrennt wird und damit die Projektgruppe über ihre Kodierung frei verfügen kann und dass (4.) die Datenabfrage auch bei schwächeren computertechnischen Ressourcen schnelle Ergebnisse liefert.[34] Zum zweiten Punkt kann ergänzt werden: RDF zeichnet durch seinen nicht-hierarchischen Aufbau und damit durch eine vereinfachte Erweiterbarkeit aus. Standards hinsichtlich der Vokabularien für computergestützte Methoden in Raum-Analysen gilt es im literarischen Bereich noch zu entwickeln: das Vokabular der Text Encoding Initiative (TEI) bietet einen groben, aber keinen ausreichenden Rahmen für die Beschreibung literarischer Räume und Orte.[35] Bisher scheint es noch keine entsprechenden Namensräume für deren Beschreibung zu geben. RDF ermöglicht die Aufnahme eines Standards – wie eben dem der TEI – ohne den Zwang, diesen ausschließlich zu verwenden: Ein projektinternes Kodierungsvokabular widerspricht damit nicht dem Anschluss an einen anerkannten Standard. Der nicht-hierarchische Aufbau von RDF vermeidet auch das Problem der ›verbotenen‹ Überlappung, wie sie aus XML bekannt sind. Eine detaillierte und vielgliedrige Kodierung nach unterschiedlichen Kriterien (Orte/Räume, Zeiten, Personen/Figuren) setzt eine solche voraus.

Im Folgenden soll am obigen Beispiel eine exemplarische Kodierung veranschaulicht werden. Da der vollständige XML-Code mit seiner Markierung aller Wörter und POS-Tags für eine Darstellung hier ungeeignet ist, wird nur ein Ausschnitt des RDF-Codes erläutert.

    :Jesuitenkirche # "beiden Türme auf dem alten Universitätsplatz"
    :start :KMF-003-005#0355 ;
    :end :KMF-003-005#0365 ;
    a :place ;
    :sem :doppel ;
    :sem :aussen ;
    :sem :hoch ;
    :sem :vertikal ;
    :sem :alt ;
    :sem :kirche ;
    :geo "48.20891/16.37801" .
    :PalaisErzb # "der zweite Hof des erzbischöflichen Palais in Wien"
    :start :KMF-003-005#0355 ;
    :end :KMF-003-005#0365 ;
    a :place ;
    :sem :doppel ;
    :sem :innen ;
    :sem :hof ;
    :sem :horizontal ;
    :sem :kirche ;
    :geo "48.1233/16.2223" .

Ein RDF-Triple besteht aus Subjekt, Objekt und einem diese verbindenden Prädikat. Im obigen Beispiel werden zwei semantische Instanzen beschrieben: »Jesuitenkirche« und »PalaisErzb«. Mittels der Prädikate »start« und »end« wird auf die Stelle im Text verwiesen (jedes Wort des Korpus bekommt eine einmalige Nummer), wo diese Instanz erwähnt wird. Das Prädikat »a« ist eine Abkürzung für »is a« und erzeugt eine Identifikation. Unter dem eigenen Namensraum »:sem« werden semantische Instanzen an dieses Objekt geknüpft, die dieses zu beschreiben versuchen. Mittels des Prädikats »geo« wird – so dies möglich ist – die Georeferenz beschrieben. Die Raute (»#«) ermöglicht es, den Code zu kommentieren, ohne dass eine Abfrage diese berücksichtigt. Abfragbar ist RDF beispielsweise mit der SPARQL Protocol and RDF Query Language (SPARQL).

4.

Die maschinenlesbare Aufbereitung semantischer Bezüge im Werk Ilse Aichingers birgt den spezifischen Vorteil, Texte systematisch miteinander vergleichen zu können, die mit herkömmlichen (Such-)Methoden nicht ›zueinandergefunden‹ hätten: beispielsweise unterschiedliche Texte, in denen semantisch ähnliche oder räumlich nahe Orte vorkommen. So kann das entsprechend aufbereitete Korpus alle Texte listen, in denen eine räumliche Schwelle eine Rolle spielt oder entsprechende Textstellen mit realörtlichen Bezügen korrelieren. Im Rahmen dieser Arbeitsumgebung können bisherige Ergebnisse abgeglichen; eventuell auf weitere Textstellen erweitert oder nachjustiert; oder gar genuin neue Erkenntnisse erhoben werden, die durch den Fokus auf Einzeltexte erschwert wurden. In anderen Worten (Thums): »Die Texte [Ilse Aichingers, Anm. AD] konstruieren eine syntakische Offenheit programmatischer Sinnzerstreuung, eine atemlos nomadisierende Textbewegung, die jegliche Festschreibung zu vermeiden sucht, aber gerade deshalb um so mehr zur Frage nach dem Stellenwert sowohl der einzelnen Fragmente wie ihrer Kombination aufruft.«[36] Diesem Ruf nach Kombinationen folgt die experimentelle Arbeit; sie folgt, wie Bennington die Arbeit mit Computern (und an Derridabase) beschreibt, den »diskontinuierliche[n] Sprünge[n] […], die einen quasi-augenblicklichen Zusammenhang zwischen Sätzen, Wörtern oder Markierungen herstellen, die durch Hunderte von Seiten getrennt sind«[37].


Fußnoten


Bibliographische Angaben

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  • Nicole Rosenberg: Poetik des Ungefügten. Zur Darstellung von Krieg und Verfolgung in Ilse Aichingers Roman »Die größere Hoffnung«. Wien 1998. [Nachweis im GVK]

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  • Johann Sonnleitner: Lyrik nach Auschwitz. Der Fall Ilse Aichingers. In: Ilse Aichinger - Misstrauen als Engagement? Hg. von Ingeborg Rabenstein-Michel / François Rétif / Erika Tunner. Würzburg 2009, S. 17–25. [Nachweis im GVK]

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  • Barbara Thums: Zumutungen, Ent-Ortungen, Grenzen. Ilse Aichingers Poetik des Exils. [Nachweis im GVK] In: Literatur und Exil. Neue Perspektiven. Hg. von Doerte Bischoff / Susanne Komfort-Hein. Berlin 2013, S. 183–209. [Nachweis im GVK]

  • Uljana Wolf: Leben? Nicht nötig. In: Der Tagesspiegel, Berlin am 24.06.2012. [online]